Straftaten: Pro Asylwerber sind die Anzeigen stark zurückgegangen.
„Klassische Asylländer“ nicht sichtbar
Die Polizei hat im Vorjahr 250.618 Tatverdächtige ausgeforscht. 37 Prozent davon waren nicht österreichische Staatsbürger. Die Zahl der angezeigten Straftaten durch Asylwerbende stieg im Jahresvergleich um 38,8 Prozent an. Bei einer Gegenüberstellung mit der gestiegenen Gesamtzahl der Asylsuchenden zeigt sich: Pro Asylwerber sind die Anzeigen stark zurückgegangen.
„Waren 2014 von 1.000 Asylwerberinnen und -werbern 371 Personen straffällig, so waren 2015 weniger als die Hälfte davon, nämlich nur noch 161 Personen, tatverdächtig“, so das Ergebnis des Bundeskriminalamts. „Isolierte Zahlen können zu Missinterpretationen führen“, mahnte der Direktor des Bundeskriminalamts (BK), Franz Lang, bei der Präsentation der Daten am Donnerstag in Wien zur Vorsicht.
Größte Gruppe rumänische StaatsbürgerInnen
Die Zahl der fremden Tatverdächtigen, wie die Kategorie beim BK heißt, habe sich „kontinuierlich nach oben entwickelt, das heißt aber nicht, dass ausländische Täter straffälliger werden“. Etwa auch Touristen und Studenten, die nur vorübergehend im Land sind, seien hier entscheidende Akteure, erläuterte Lang.
Den größten Anteil der fremden Tatverdächtigen machten 9.624 rumänische Staatsbürger aus, gefolgt von 9.161 Deutschen und 8.568 Serben. Ausländische Opfer von Straftaten waren zumeist serbische Staatsbürger, an zweiter Stelle lagen Türken, dahinter folgen Deutsche. Ein wesentlicher Teil der angezeigten Delikte wird „innerhalb der Community“ verübt, hielt Lang fest.
Die „klassischen Asylländer des Vorjahres“ sind laut Lang in der Anzeigenstatistik 2015 nicht zu sehen. Die Gefahrenzone, wo bei Zuwanderern wegen Perspektivenlosigkeit „der Übertritt in die Kriminalität passiert“ sei zeitlich noch nicht erreicht. „Das müssen wir im Jahr 2016 beobachten“, sagte Lang.
Diebstähle, gefolgt von Körperverletzung
Die häufigsten zur Anzeige gebrachten Delikte fremder Tatverdächtiger betrafen Diebstähle, hier wurden 15.332 ausländische Personen angezeigt. Wegen Körperverletzung gab es 10.686 Anzeigen, 9.229 Nichtösterreicher waren wegen Suchtgiftdelikten tatverdächtig. 948 fremden Tatverdächtigen wurden im Jahr 2015 strafbare Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung zur Last gelegt. Im Jahr 2014 gab es in diesem Bereich 885 angezeigte Delikte, 2013 und 2012 waren es mit 961 und 965 Anzeigen allerdings etwas mehr als im Vorjahr.
Was die Zahlen aussagen
Die Statistik beschreibt die Zahl der Anzeigen, nicht der tatsächlich verübten Delikte oder gar Verurteilungen. Wie der Kriminalsoziologe Norbert Leonhardmair gegenüber dem „Kurier“ sagte: „Kriminalstatistiken sagen wenig über Kriminalität aus, sondern belegen, was die Polizei tut.“
Stark zugenommen hat die Schlepperkriminalität. Österreich sei 2015 „von einer Migrationswelle überrollt worden“, sagte der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Konrad Kogler. Die Anzahl der wegen Verstößen gegen das Fremdengesetz aufgegriffenen Personen stieg im Jahresvergleich von rund 34.000 auf über 70.000 Personen an. Nach rund 500 Schleppern im Jahr 2014 sind im Vorjahr 1.090 Schlepper dingfest gemacht worden, berichtete Kogler. Es gab 9.569 Anzeigen wegen Schlepperei, was einen Anstieg um 84,9 Prozent gegenüber 2014 bedeutet.
Maßnahmen gegen Schlepperkriminalität
Nach Schätzungen von Europol nahmen im vergangenen Jahr über 90 Prozent der Migranten Dienste von Schleppern in Anspruch. Bei einem anhaltenden Zustrom rechnet die europäische Polizeiagentur damit, dass sich die Profite der organisierten Täterbanden 2016 verdoppeln bis verdreifachen werden.
Als Gegenmaßnahme wird heuer in Wien unter anderem ein „Joint Operational Office“ als verlängerter Arm des neu gegründeten „European Migration Smuggling Centers“ von Europol installiert, wie der stellvertretende Europol-Direktor Oldrich Martinu berichtete. Das Büro für Schleppereibekämpfung und Menschenhandel im Bundeskriminalamt wird weiter personell aufgestockt.