Stadträtin Sonja Wehsely verlässt Politik

Häupl hat „vollstes Verständnis“

Der erste Personalwechsel in der Wiener SPÖ ist fix: Gesundheits- und Sozialstadträtin Sonja Wehsely wird die Stadtregierung verlassen. Ihr Büro bestätigte am Freitagvormittag einen entsprechenden Bericht des „profil“ (Onlineausgabe).

Wehsely wird in die Privatwirtschaft wechseln. Sie war zehn Jahre lang für die Gesundheits- und Sozialagenden in Wien verantwortlich. Wehsely wird künftig in Deutschland tätig sein und per 1. April die Führung der Siemens Healthcare GmbH in Erlangen verstärken. Die 46-Jährige galt bereits länger als Ablösekandidatin in der roten Stadtratsriege. Zuletzt hatten sich die Probleme in ihrem Ressort gehäuft - darunter steigende Kosten beim Bau des Krankenhauses Nord und jüngst die Gangbettenproblematik in städtischen Krankenhäusern.

„Auch wenn nicht alle die Welle machen“

Wehsely sagte, ihr Politikverständnis sei es stets gewesen, „dass ich nicht in die Politik gegangen bin, um halt eine Funktion zu haben. Sondern ich wollte gestalten und Dinge verändern.“ Ihr Grundmotto sei gewesen, „im Rahmen dessen, was möglich ist, die Stadt etwas gerechter zu machen“. Das sei ihr durchaus gelungen.

Sie betonte, es sei ihr darum gegangen, ihrer Überzeugung zu folgen, „auch wenn nicht alle die Welle machen“. Sie habe SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl persönlich über die Entscheidung informiert. Dieser habe betont, er müsse das akzeptieren, und habe hinzugefügt: „Wenn du gefragst wirst, ob du ausgetauscht worden wärst, sag Nein, denn so wäre es gewesen.“

Sonja Wehsely beim Verlassen eines Raumes

APA/Helmut Fohringer

Wehsely im Vorjahr bei den letztlich gescheiterten Verhandlungen über eine österreichweit einheitliche Regelung der Mindestsicherung

Häupl: „Habe vollstes Verständnis“

Häupl bedankte sich am Freitag bei der scheidenden Gesundheitsstadträtin und betonte: „Ich habe vollstes Verständnis für die Entscheidung, nach 13 Jahren in der Wiener Stadtpolitik neue Herausforderungen in der Privatwirtschaft anzunehmen. Ich bedanke mich bei Sonja Wehsely für ihre engagierte Arbeit und wünsche ihr alles Gute für ihren weiteren Weg.“ Über die Nachfolge im Gesundheitsressort wird laut dem Stadtchef bei der Vorstandstagung der Wiener SPÖ kommende Woche entschieden.

Vertreterin des linken Flügels

Wehsely gehört zum linken Flügel der Wiener SPÖ, die in der Bundespartei aufgrund ihrer Größe die gewichtigste Stimme ist. Vor allem in der Flüchtlingsthematik und in der Frage des Umgangs mit der FPÖ ist die Landespartei gespalten. Einige Bezirksorganisationen, etwa Simmering, fordern einen Kurswechsel. Im Hintergrund geht es dabei auch um die Nachfolge von Landesparteichef und Bürgermeister Michael Häupl.

Wehsely wurde besonders häufig von der Opposition, insbesondere der FPÖ, angegriffen - zuletzt etwa wegen des Bettenengpasses in Wiener Spitälern während der Feiertage. Bereits seit Wochen wird darüber spekuliert, dass Häupl sein Team umbauen wird. Zuletzt war erwartet worden, dass die Personalrochaden vor der Vorstandstagung nächste Woche bekanntgegeben werden.

Wiens Gesundheits- und Sozialstadträtin Sonja Wehsely gibt eine Pressekonferenz

ORF

Wehsely zog in einer Pressekonferenz selbstbewusst Bilanz über ihre 13-jährige Tätigkeit als Stadträtin

„Herausfordernde Situation“ für SPÖ Wien

Wehsely zeigte sich überzeugt, „dass die grundsätzlichen Entscheidungen die richtigen waren. Die Frage, ob man bei manchen Dingen etwas bedächtiger hätte sein können, ist berechtigt.“ Aber ihre Erfahrung sei, dass mit Bedächtigkeit in der Stadtpolitik „nichts pasiert“, daher würde sie es nochmals so machen.

Die SPÖ Wien sieht Wehsely vor einer „herausfordernden Situation“. Es sei „ganz wichtig, dass jetzt die richtigen und nachhaltige Entscheidungen getroffen werden“. Denn das Schicksal der Wiener SPÖ ist ihrer Ansicht nach „ganz eng verbunden mit einer guten Zukunft für das Land“.

Dass sie vom Amt der Gesundheitsstadträtin in die Medizinsparte von Siemens wechselt, darin sieht Wehsely keine Unvereinbarkeit. Das so darzustellen sei eigentlich auch eine „Chuzpe“. Denn es werde darüber geklagt, es brauche mehr Austausch zwischen Wirtschaft und Politik - und wenn das passiere, werde es auch kritisiert. Die Entscheidung zum Wechsel habe sie bereits im November getroffen. Am Mittwoch habe sie den Vertrag bei Siemens unterschrieben. Der neue Job sei eine „riesige Herausforderung“.

Freude bei Opposition

Für den Wiener FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ist Wehselys Rücktritt ein „erster Schritt in die richtige Richtung“. Häupl habe „lange genug zugesehen, wie Wehsely das Wiener Gesundheitssystem ruiniert hat“. Und Strache kritisierte auch nochmals, dass Wehsely „Unsummen“ für die Mindestsicherung von Asylwerbern ausgegeben habe.

ÖVP-Stadtparteichef Gernot Blümel sagte, mit Wehselys Rücktritt sei eines der Ziele für 2017 erreicht. Die Kritik an den „zahlreichen Baustellen von Sonja Wehsely“ habe „endlich zu Konsequenzen geführt“, so Blümel und nannte die Kosten für die Mindestsicherung, die Kosten für das Krankenhaus Nord und die „nicht vorhandene Kontrolle“ in Wiens Kindergärten. Auch NEOS-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger begrüßte den Rücktritt. Dieser berge die Chance, „den brachliegenden Gesundheitsbereich endlich neu aufzustellen“.

Go back