SPÖ will „neues Selbstverständnis“ des Staats
Die SPÖ ist am Dienstag in Niederösterreich zu ihrer Neujahrsklausur zusammengekommen. Dort wurde eine Rückkehr zu alten Werten diskutiert: Die öffentliche Hand solle wieder eine aktivere Rolle einnehmen, so SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. Personelle Debatten wurden ausgeklammert.
Österreichs größte Oppositionspartei konnte bisher nur wenig Kapital aus Regierungs- und Gesundheitskrise schlagen. Die SPÖ lag in jüngeren Umfragen in etwa gleichauf mit der ÖVP oder leicht darüber – und das nach zwei raschen Kanzlerwechseln und mitten in der Pandemie. Allfällige Personaldebatten wurden am Dienstag in Krems aber von vorneherein vermieden, auch wenn der Tiroler Parteichef Georg Dornauer gefordert hatte, einen Fahrplan für Nationalratswahlen zu besprechen. „Sollte es eine Wahl geben, werde ich mich dieser Wahl als Spitzenkandidatin stellen“, sagte Rendi-Wagner.
Sie stellte am Dienstag nach der Präsidiumsklausur zusammen mit Wiens Bürgermeister Michael Ludwig, Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser und dem niederösterreichischen Parteichef Franz Schnabl (alle SPÖ) stattdessen fünf inhaltliche Schwerpunkte für die „politische Arbeit der nächsten Monate“ vor. Das umfasse die Gesundheitspolitik, wo man mittels einer „Booster-Offensive“ eine Impfrate von 90 Prozent anstrebe.
Weitere Punkte drehten sich um Inflation, Pflegenotstand und den Ausbau der ganztägigen Kinderbetreuung. So sei es in Wien durch eine Prämie von 400 Euro gelungen, dass der Pflegeberuf attraktiver werde. Zudem fordere die SPÖ einen Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr und eine „Kinderbetreuungsmilliarde“.
SPÖ-Klausur in Krems
Den Fokus legte Rendi-Wagner aber auf die Wirtschaftspolitik: Hier müsse der Staat zu einer neuen, starken Rolle finden. „Diese großen Herausforderungen können wir nur dann schaffen, wenn wir ein neues Selbstverständnis, eine neue Rolle des Staates, der öffentlichen Hand schaffen“, so Rendi-Wagner.
Staatliche Stärke in Zusammenarbeit mit Wirtschaft
Der Staat dürfe sich nicht mehr darauf reduzieren, „Marktversagen im Nachhinein zu korrigieren“. Es brauche einen resilienten Sozialstaat und eine öffentliche Hand, die proaktiv mit konkreten Zielen Handlungen setze. Dazu werde eine enge Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Industrie benötigt, ein „Bündeln der Kräfte“.
Als Beispiele nannte sie die Digitalisierung und die geplante Energiewende. Beides könne nur gelingen, wenn der Staat aktiv Impulse gebe und mit der Wirtschaft eng zusammenarbeite. So sei es einerseits notwendig, dass Innovationen durch Forschung und Entwicklung entstünden, andererseits müsse der Staat durch Aus- und Weiterbildungsoffensiven sicherstellen, dass es genügend Fachkräfte gebe. Zur Erreichung der Klimaziele brauche es insgesamt 100.000 neue Arbeitsplätze.
Abwarten in Hofburg-Frage
Schon im Vorfeld der Klausur war die Frage aufgeworfen worden, ob die SPÖ heuer eine eigene Kandidatin zur Bundespräsidentschaftswahl aufstellt. Dornauer hatte sich für eine entsprechende Debatte starkgemacht. Die Bundespartei will sich damit aber noch Zeit lassen und abwarten, ob Alexander Van der Bellen erneut antritt. Die SPÖ werde „zum richtigen und gegebenen Zeitpunkt“ ihre Entscheidung treffen, so Rendi-Wagner dazu.
Man wolle Van der Bellen den nötigen Respekt entgegenbringen und dessen Entscheidung abwarten. Ludwig, Schnabl und Kaiser sagten, sie würden Van der Bellen im Fall einer neuen Kandidatur unterstützen. Auf die Journalistenfrage, ob der ehemalige Landeshauptmann Hans Niessl ein möglicher Kandidat sei, reagierte Rendi-Wagner überrascht. Von solchen Gerüchten wisse sie nichts, die SPÖ verfüge jedenfalls über genügend Köpfe, die infrage kämen.
Nicht bei der Präsidiumsklausur anwesend war Niessls Amtsnachfolger Hans Peter Doskozil, der wiederholt gegen die Bundespartei geschossen hatte. Obwohl nicht mehr Präsidiumsmitglied, war er dennoch eingeladen, kam aber nicht. Das sei zur Kenntnis zu nehmen, hieß es. Es handle sich um eine Klausur des Präsidiums, und das Präsidium sei geschlossen da.