Österreichs EuGH-Richterposten: SPÖ warnt vor „Blamage“
Die SPÖ warnt bei der Besetzung des österreichischen Richterpostens am Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor einer „neuerlichen türkis-blauen Blamage“. In einer Stellungnahme forderte der außenpolitische Sprecher der SPÖ, Andreas Schieder, dass der Nationalrat bei dieser Postenvergabe rechtzeitig eingebunden wird und mitentscheidet.
Die SPÖ reagierte damit auf einen ORF.at-Bericht, wonach ein renommierter Arbeitsrechtsexperte nicht mehr wie bisher als Favorit für den EuGH-Posten gehandelt wird. Laut ORF.at-Informationen soll seine Expertenmeinung zur der von ÖVP und FPÖ beschlossenen Indexierung der Familienbeihilfe ausschlaggebend gewesen sein.
SPÖ fordert öffentliches Hearing
Der Jurist hatte vor und nach seiner Bewerbung auf die EuGH-Judikatur verwiesen, die die Indexierung als unionswidrig einstuft. „Was die Regierung hier macht, ist überhaupt nicht mehr nachvollziehbar“, wurde Schieder in der SPÖ-Aussendung zitiert. „Sie will vorab alle KandidatInnen aussortieren, die die Indexierung für EU-rechtswidrig halten.“
Die SPÖ will deshalb ein transparentes Verfahren mit einem öffentlichen Hearing im Parlament. Die SPÖ habe dazu vor zwei Wochen einen Antrag im Verfassungsausschuss eingebracht, der von den Regierungsparteien allerdings vertagt worden sei, hieß es weiter.
Berger bleibt, bis Nachfolger gefunden
Die Suche nach einer Nachfolgerin bzw. einem Nachfolger für Österreichs derzeitige EuGH-Richterin Maria Berger dauert seit Monaten an. Nachdem die erste von ÖVP und FPÖ nominierte Kandidatin, die Linzer Rechtsprofessorin Katharina Pabel, im Juni ihre Nominierung zurückgezogen hatte (sie sollte im Oktober Berger ablösen), schrieb die Regierung den EuGH-Posten erneut aus. Die Bewerbungsfrist endete am 2. Oktober.
Dass ein Wechsel beim EuGH dieses Jahr noch stattfindet, gilt wegen des für die Höchstrichterbestellung vorgesehenen Ablaufs aber ohnehin als unwahrscheinlich. Der nächste Kandidat bzw. die nächste Kandidatin für den sechsjährigen Job am EuGH muss auf Regierungsvorschlag vom Hauptausschuss des Nationalrats nominiert werden.
Der „255er-Ausschuss“, der die fachliche und persönliche Eignung des Kandidaten bzw. der Kandidatin prüft, tagt aber erst wieder am 18. Dezember. Auf ORF.at-Anfrage hieß es gestern aus dem Büro des Regierungssprechers Peter Launsky-Tieffenthal, dass der Prozess am Laufen sei. EuGH-Richterin Berger bleibe jedenfalls, bis ein Nachfolger bzw. eine Nachfolgerin gefunden werde.