Kern: Für viele ein unbeschriebenes Blatt
Hohe Erwartungen - schwer zu erfüllen
Am Dienstag soll Christian Kern zuerst von den SPÖ-Gremien als neuer Vorsitzender bestätigt und gleich im Anschluss daran als Kanzler angelobt werden - beides im Grunde reine Formsache. Dass Kern das Vertrauen innerhalb weiter Teile der eigenen Partei genießt, wurde in den vergangenen Tagen deutlich. Doch auch die restliche Bevölkerung stellt dem Neo-SPÖ-Chef ein vergleichsweise gutes Zeugnis aus.
Laut einer OGM-Umfrage für den „Kurier“ haben vom bisherigen ÖBB-Vorstand 41 Prozent eine gute Meinung und nur 21 Prozent eine schlechte. Der designierte SPÖ-Obmann startet also mit gehörigen Vorschusslorbeeren in sein neues Amt. Die gute Meinung ihm gegenüber mag freilich auch mit dem allgemeinen Urteil über seinen Vorgänger zusammenhängen.
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Werner Faymann, der am Montag überraschend seinen Rücktritt bekanntgegeben hatte, weinen die Befragten keine Träne nach. 77 Prozent hielten seinen Rücktritt für die richtige Entscheidung. Nur zehn Prozent wären dafür gewesen, dass Faymann Kanzler und SPÖ-Chef bleibt. Selbst unter SPÖ-Anhängern sprachen 60 Prozent von einer richtigen Entscheidung.
Weiter Spekulieren über Regierungsumbau
So gut sich Kern vor der Negativfolie Faymann machen mag, gaben aber immerhin noch 38 Prozent an, gar keine Meinung zu dem bisherigen ÖBB-Manager zu haben. Ob Kern in Zukunft zumindest einen Teil von ihnen für sich einnehmen kann, wird viel von der Arbeit seiner Regierung abhängen. Entsprechend groß sind somit nicht nur die Erwartungen, sondern auch die Spekulationen über den von ihm vorgenommenen Umbau im Regierungsteam.
Viel mehr als Gerüchte wurde freilich bisher nicht bekannt. Mehr Frauen sollen in der neuen SPÖ-Regierungsmannschaft vertreten sein, heißt es. Der steirische SP-Landeschef Michael Schickhofer sprach am Freitag im Rahmen einer Diskussion in der Ö1-Sendung „Journal Panorama“ von einem Frauenanteil von mindestens 40 Prozent im SPÖ-Regierungsteam - die Sendung ist nachzuhören.
Wohin geht die Reise?
Der bisherige ÖBB-Manager ist wohl der Einzige, der weiß, wie das künftige Regierungsteam aussehen wird.
Zuletzt ins Spiel gebracht wurden der Anwalt Alfred Noll und die Lienzer Bürgermeistern Elisabeth Blanik - die allerdings bereits abwinkte. Hartnäckig hält sich auch das Gerücht, dass SPÖ-Sozialstadträtin Sonja Wehsely als Gesundheitsministerin in die Bundespolitik wechseln wird. Entsprechende Gerüchte wollte Wiens Bürgermeister Michael Häupl allerdings nicht kommentieren. Häupl betonte, dass Personelles noch nicht geklärt sei. Kern habe hier aber freie Hand. „Die Partei steht einhellig hinter dem künftigem Bundesparteivorsitzenden.“
Strache spricht von „Schaufensterpuppe“
Dass die SPÖ mit Kern die beste Wahl getroffen habe, glauben auch die 500 von OGM repräsentativ Befragten. Das Meinungsforschungsinstitut fragte auch die Werte von Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil, Medienmanager Gerhard Zeiler und SPÖ-Klubchef Andreas Schieder ab. Kern schnitt sowohl bei der allgemeinen Beliebtheit am besten ab als auch bei den Fragen, wer die SPÖ am ehesten einen und ihr wieder zu Erfolg verhelfen könne.
„Kern startet mit Vorschusslorbeeren. Die Erwartungen in ihn sind hoch. Es wird schwer, sie zu erfüllen“, sagte OGM-Forscherin Karin Cvrtila gegenüber dem „Kurier“. Einer machte jedenfalls bereits klar, dass er es dem neuen SPÖ-Chef nicht leicht machen werde. In einem Interview für die Sonntagsausgabe der Tageszeitung „Österreich“, bezeichnete FPÖ-Chef Heinz Christian Strache den designierten SPÖ-Chef als „Schaufensterpuppe mit einem neuen Gesicht“.