Kein Aus für U-Bahn-Zeitungsboxen
Der Vorstoß der Sektion 8, die ein Verbot von Entnahmeboxen für Gratiszeitungen im öffentlichen Raum sowie in den U-Bahn-Stationen fordert, hat beim Landesparteitag der Wiener SPÖ keine Mehrheit gefunden.
Der Antrag wurde, wie es die Antragsprüfungskommission empfohlen hatte, einer Arbeitsgruppe zugewiesen. Die Forderung nach Einschränkung der Anzeigenschaltungen in vom Presserat verurteilten Medien, die auch im Vorjahr bereits gestellt worden war, erhielt ebenfalls keine unmittelbare Mehrheit. Der Antrag wurde auch zugewiesen.
Abrechnung mit Inseratenpolitik
Die Anträge wurden intensiv diskutiert. Dabei wurde nicht zuletzt mit der bisherigen Inseratenpolitik der Stadt abgerechnet. Über Jahrzehnte seien öffentliche Gelder in Richtung Boulevard geflossen - auch mit dem Ziel, sich positive Berichterstattung zu kaufen, hieß es. Vor allem die Gratisentnahmeboxen würden eine künstliche Reichweite schaffen, die wiederum als Argument dienen würde, zu inserieren. Es wurde aber auch appelliert, den Gemeinderäten und Stadträten zu vertrauen, dass in der Arbeitsgruppe ein gutes Ergebnis erzielt werde.
Deutlich gegen die beiden Anträge stellte sich Medienstadtrat Andreas Mailath-Pokorny. Er verstehe zwar die „Grundidee“ der Antragsteller, sei aber der Meinung, dass es sich bei deren Forderung um den falschen Weg handle. Den viel beschworenen Druck auf die Politiker verspüre er nicht. „Wir alle sind gegen Rassismus, Hetze, Vorurteile und Verleumdungen“, sagte er. Man könne aber nicht durch Verbote und Einschränkungen so tun, als gebe es den Boulevard nicht. Anstelle von Verboten müssten Stadt und Partei eine offensive Informationspolitik betreiben.
Sima hält Antrag für „gefährlich“
Auch Stadträtin Ulli Sima sprach sich dagegen aus: „Ich halte den Antrag, so wie er vorliegt, für sehr gefährlich, weil wir damit wirklich in die Nähe von Zensur kommen.“
Die Forderung der Sektion 8 zielt gegen die Blätter „Heute“ und „Österreich“ ab, die „Öffi“-Fahrgäste aus Boxen gratis entnehmen können. „Der öffentliche Raum Wiens sowie die U-Bahn-Stationen der Wiener Linien sollen nicht für die Reichweitenerhöhung von privatwirtschaftlichen Printzeitungen, welche sich fast ausschließlich durch Inserate finanzieren, zur Verfügung stehen“, heißt es im Antrag, der von den Bezirksorganisationen Alsergrund und Mariahilf eingebracht wurde.
Ungefähr 800 Boxen in Stadt verteilt
Laut Sektion 8 gibt es rund 800 solcher Boxen in Wien, wobei genaue Zahlen nicht verfügbar seien. Der Ruf nach einem Verbot wird im Antragstext u. a. damit begründet, dass durch die Zeitungen sowohl im U-Bahn-Bereich als auch auf Straßen und Parks Reinigungskosten anfallen. Außerdem gibt es inhaltliche Kritik an der Berichterstattung. „Anstatt einer umfassenden, faktenbasierten oder zumindest korrekten Berichterstattung finden sich Alarmismus, Hetze gegen Minderheiten, Suggestion und oftmals schlicht falsche bzw. erfundene Artikel“, lautet der Vorwurf der Sektion 8.
Die Delegierten am Landesparteitag votierten für die Zuweisung an den Gemeinderatsklub „unter Schaffung einer breit eingeladenen Arbeitsgruppe“.