750 Mio. Euro: Bankenabgabe für Ganztagsschule
Banken zahlen künftig deutlich weniger
Die Regierung hat sich am Dienstag doch noch auf einen Kompromiss bei der Bankenabgabe geeinigt. Die Banken sollen künftig weniger zahlen, parallel dazu soll eine Mrd. Euro in Ganztagschule, Betreuung und Forschung investiert werden. Die Reaktionen fielen fast durchwegs positiv aus.
Im Kern soll ab 2017 das jährliche Aufkommen aus der Stabilitätsabgabe nur noch 100 Mio. Euro betragen - zuvor waren es etwa 640 Mio. Euro. Dazu kommt allerdings eine Einmalzahlung der Banken in Höhe von einer Mrd. Euro, die mit dem Beschluss vom Dienstag für Bildungs- und Forschungsmaßnahmen zweckgewidmet wird.
„Löwenanteil“ für Schule und Betreuung
Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) sprach im Anschluss an den Ministerrat von einem „entscheidenden Durchbruch“. Der „Löwenanteil“ von rund 750 Mio. Euro werde in den Ausbau von Ganztagsschulen fließen, erklärte Kern. Ziel sei, dass bis 2025 40 Prozent der österreichischen Schüler in eine Ganztagsschule gehen können.
Diese „massive Verbesserung“ des Bildungsangebots sei außer Streit gestanden. In den Ausbau des Fachhochschulangebots sollen 100 Mio. Euro fließen, womit 5.000 Studienplätze geschaffen werden. Für die Bildungsstiftung sind 50 Mio. Euro vorgesehen und für die Nationalstiftung 100 Mio. Euro.
FH-Ausbau „ganz wesentlich“
Auch Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) betonte, dass einerseits die Ertragskraft der Banken wichtig sei und Österreich andererseits in der Ganztagesbetreuung Nachholbedarf habe. Der Ausbau der Fachhochschulen sei „ganz wesentlich“. Die 100 Mio. Euro für die Nationalstiftung sollen Forschern Planbarkeit und Kontinuität bringen.
Was das Ganztagesangebot betrifft, erklärte Mitterlehner: „Aus unserer Sicht ist es sehr wichtig, Wahlfreiheit sicherzustellen.“ Und diese sei mit einem Verhältnis von 40 zu 60 gegeben. Mitterlehner zeigte sich „sehr froh“ über den Kompromiss, denn eine „Dauerbelastung“ für die Banken wäre international gesehen sehr schlecht.
Hammerschmied und Karmasin zufrieden
Auch die Reaktionen aus den zuständigen Fachressorts fielen positiv aus. Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) sprach in einer Aussendung von einer „Bildungsoffensive“ und hob besonders die 750 Mio. Euro für Ganztagsschulen hervor. Immerhin gebe es dort weniger Klassenwiederholungen, weniger Ausgaben für Nachhilfe und bessere Lernerfolge. Neben mehr Chancengerechtigkeit hob Hammerschmid die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie hervor.
Ähnlich Familienministerin Sophie Karmasin: „Es ist ein weiterer Schritt am Weg Österreichs in Richtung familienfreundlichstes Land Europas und ein starkes Zeichen für die Eltern. Während wir im Kindergartenbereich in den letzten Jahren durch die größte Ausbauoffensive, die es je gab, schon eine hohe Betreuungsquote erreichen konnten, haben wir nun die Chance auch den Nachholbedarf bei der Nachmittagsbetreuung für Schulkinder anzugehen“, so Karmasin in einer Presseaussendung.
Nowotny sieht auch Chance für Banken
„Die Neureglung der Bankenabgabe ist ein positives Signal und sie sollte zur Stärkung der Eigenkapitalbasis verwendet werden“, erklärte der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, Ewald Nowotny. Durch die neue Regelung würden Wettbewerbsnachteile der österreichischen Banken gegenüber anderen internationalen Standorten vermieden oder verringert.
Die Banken sollten die nun geschaffenen Spielräume für eine Stärkung der Eigenkapitalbasis und damit für eine erhöhte Risikotragfähigkeit des österreichischen Bankensystems verwenden, empfahl der oberste Notenbanker des Landes.
Erste-Group-Chef Andreas Treichl, Obmann der Bankensparte in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), sieht in der Entscheidung ebenfalls eine Stärkung des Standorts Österreich. Sie werde mithelfen, Arbeitsplätze zu schaffen. Damit habe die Bundesregierung, vor allem aber das Finanzministerium, auch ein überzeugendes Signal an internationale Investoren für einen wettbewerbsfähigen Finanzplatz und für zusätzliche Wachstumsimpulse gesetzt. Bis einschließlich 2016 hätten die österreichischen Banken in Summe fünf Mrd. Euro an den Staat bezahlt, erinnerte Treichl.
Für IV war Senkung überfällig
Für die Industriellenvereinigung (IV) war die Senkung der Bankenabgabe überfällig und ein richtiges und wichtiges Signal für den Standort. Die vereinbarten Abschlagszahlungen werden jedoch kritisch gesehen, sie würden den Bankensektor schädigen, so IV-Generalsekretär Christoph Neumayer in einer Aussendung.
WKÖ-Präsident Christoph Leitl zeigte sich zuversichtlich, dass mit der Reform der Finanzplatz Österreich wettbewerbsfähiger werde. Die Abschlagszahlung sei zwar eine gewaltige Herausforderung für die Banken, die Mittelverwendung stelle aber einen wichtigen Input für den heimischen Bildungs- und Forschungsbereich dar.
Und wer zahlt die Rettungsmilliarden?
Vereinzelt wurden aber auch kritische Stimmen laut. Der Budgetsprecher der Grünen, Werner Kogler, zeigte zwar grundsätzliches Verständnis für die Reduktion der Bankenabgabe, da die österreichischen Institute gegenüber der ausländischen Konkurrenz nicht auf lange Zeit schlechtergestellt sein sollten.
Allerdings forderte Kogler, dass der Bankensektor „die gesamten Kosten der öffentlichen Bankenrettungspakete“ den Steuerzahlern zurückzahlen solle. Ziel der Abgabe sei es ja schließlich gewesen, „die Steuerzahlermilliarden für Hypo, Volksbanken und Co. von den Banken zurückzuholen“, erinnerte Kogler. „Dieses Ziel muss langfristig auch erreicht werden.“
Markus Koza, Bundessekretär der Alternativen, Grünen und Unabhängigen GewerkschafterInnen (AUGE/UG), kritisierte, dass mit dem Kompromiss „einmal mehr die Krisenkosten auf die Allgemeinheit abgewälzt“ würden. „Die Krisenverursacher und Profiteure der Bankenrettung ziehen sich aus der Affäre, zurück bleiben ein milliardenschwerer Schuldenberg und weitere Löcher in den öffentlichen Haushalten“, so Koza in einer Aussendung. Mit der Senkung der Bankenabgabe müssten Vermögen stärker besteuert werden.
NEOS hat gewisse Befürchtungen
Es ist zu begrüßen, dass die Regierung bei frei werdenden Mitteln auf Zukunftsinvestitionen setzt und die Einmalzahlung aus der Bankenabgabe in den Ausbau von Ganztagsschulen und Nachmittagsbetreuung investieren will“, kommentierte NEOS-Klubobmann und Bildungssprecher Matthias Strolz den Beschluss.
Er verwies allerdings auf die erst beginnenden Verhandlungen mit den Ländern im Rahmen des Finanzausgleichs. Es müsse klar sein, dass nur in ganz konkrete Projekte investiert werde, die müssten von Bund und Ländern „transparent verhandelt" werden. Die Gefahr sei groß, dass Geld „unkontrolliert im Landesbudget versickert“.