Hacker: Familienbeihilfen-Kürzung „harakiri-mäßig“
Wiens neuer Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) übt Kritik an der Bundesregierung. Konkret warnt er vor Engpässen bei der 24-Stunden-Pflege - die geplante Kürzung der Familienbeihilfe für Kinder im EU-Ausland nennt Hacker „harakiri-mäßig.“
Mit der vereinbarten Kostenabrechnung zwischen Bund und Ländern in Sachen Pflegeregress ist der erst am Donnerstag angelobte Neo-Ressortchef zufrieden - aber: In anderen Bereichen der Pflege würden gerade Handlungen gesetzt, „wo ich schon wieder das Gefühl habe, es werden die Folgewirkungen nicht betrachtet“, sagte Hacker im APA-Interview.
Dabei geht es um die geplante Reform der Familienbeihilfe und daraus folgenden Kürzungen für ausländische Pflegekräfte mit Kindern, die im EU-Ausland leben. „Wir haben österreichweit 60.000 Arbeitskräfte aus dem Ausland in der 24-Stunden-Pflege. Wenn aufgrund der Einschränkungen nur zehn Prozent zu Hause bleiben, haben wir sofort ein veritables Problem.“
Risikoabschätzung für KH Nord
Er verstehe nicht, „mit welcher Schludrigkeit hier Maßnahmen in die Welt gesetzt werden, ohne über die Konsequenzen zu diskutieren“: „Ich finde das ein bisschen harakiri-mäßig, wie die Bundesregierung mit diesen Fragen flapsig umgeht“. Wobei der Stadtrat betont, dass Wien weniger betroffen sein wird, da hier die mobile Pflege weitaus mehr ausgebaut sei als in allen anderen Bundesländern.
Als Gesundheitsstadtrat ist Hacker nicht zuletzt für das problembehaftete Krankenhaus Nord verantwortlich. Sieht er in den Kostensteigerungen, Mängeln und Verzögerungen einen Skandal? „Ich kann es noch nicht beurteilen“, für die Aufarbeitung sei aber die U-Kommission zuständig: „Mein Job ist es, dieses Spital auf den Boden zu kriegen.“
Um böse Überraschungen zu vermeiden, hat der Ressortchef das Management des Krankenanstaltenverbunds und die KH-Nord-Verantwortlichen aufgefordert, noch einmal „sämtliche Zeitpläne für Bau, Fertigstellung und Besiedlung und alle Finanzpläne - sowohl für Betriebskosten als auch Investitionskosten - durchzugehen“. In drei Wochen wolle er einen gemeinsamen Bericht samt Abschätzung der bestehenden Risiken haben.
Künftig „nur ein Energiekreis, und das bin ich“
Zur Energetik-Causa meinte Hacker, hier sei die oft verschwimmende „Grenze zwischen Unfug und Inakzeptabel“ eindeutig überschritten worden. Und er verspricht: „In Zukunft gibt es nur mehr einen Energiekreis in dieser Geschäftsgruppe, und das bin ich.“
Als wichtigstes Gesetzesvorhaben bewertet der Gesundheitsstadtrat die noch von Vorgängerin Sandra Frauenberger (SPÖ) eingeleitete KAV-Reform. Klar sei, dass der KAV - künftig „Wien Kliniken“ - eine Anstalt öffentlichen Rechts werde. Was die Details anbelangt, werde er vor dem Gesetzesbeschluss noch die Stellungnahmen in der laufenden Begutachtung abwarten sowie Gespräche mit Personalvertretung und diversen Interessensgruppen führen: „Speed kills geht hier sicherlich nicht.“
Das Wichtigste sei jedenfalls, „dass 29.000 Mitarbeiter wieder mit Freude und Spaß in die Arbeit gehen“ und dazu sei es notwendig, dass es klare Führungs- und Verantwortungsstrukturen gebe.
Alkoholverbot-Ausweitung vorstellbar
Das - auch in der Wiener SPÖ nicht unumstrittene - Alkoholverbot am Praterstern sieht Hacker differenziert, aber grundsätzlich positiv. Die Frage sei freilich schon immer: „Wie viel Regulativ ist gescheit und wie viel Regulativ ist blöd.“
Er sei grundsätzlich der Meinung, dass Freiheit mit Zähnen und Klauen verteidigt gehöre: „Dafür braucht es aber eine Form des Agreements, wo alle einverstanden sein müssen. Wenn auf so engem Raum wie dem Praterstern dieses Agreement ins Wanken kommt oder nicht mehr funktioniert, weil einige wenige den Raum wesentlich überproportional für sich in Anspruch nehmen zulasten der Freiheit der Anderen, dann muss man regulierend eingreifen. Daher macht es schon Sinn, das einmal auszuprobieren.“
Eine Ausweitung des Verbots auf andere Standorte - aus Floridsdorf gibt es bereits entsprechende Begehrlichkeiten - kann sich Hacker vorstellen, „wenn wir am Praterstern einen durchschlagenden Erfolg nachweisen können“: „Gleichzeitig muss man aber auch darüber nachdenken, wie viel kollektive Freiheit man dadurch einschränkt.“
Wechsel in Politik: „Ehrgeiz war gering“
Hacker ist seit Donnerstag Stadtrat, vorher war er mehr als eineinhalb Jahrzehnte Chef des Fonds Soziales Wien. Dass er bisher keine großen Ambitionen in Richtung Politik hatte, verhehlt er nicht: „Mein Ehrgeiz war gering, weil ich die Politik und das Geschäft des Politikers kenne.“ Am Ende des Tages hätten aber mehr Argumente dafür gesprochen: „Ich habe mich zwei Tage lang mit mir selbst gequält und mich dann entschieden.“
Überzeugt habe ihn Ludwig durch dessen Vorstellungen von Teamarbeit und dass er Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten haben wolle. Angst vor innerparteilichen Zwistigkeiten hat Hacker nicht - nur soviel: „Wir haben in der SPÖ in der letzten Zeit zu viel sinnlose Energie nach innen vergeudet für null Output. Das ist völlig inakzeptabel.“