Erstmals Frau: ÖVP-Kandidatin Kraker wird RH-Chefin
Erstmals wird eine Frau an der Spitze des Rechnungshofs (RH) stehen: Der Hauptausschuss des Nationalrats hat am Donnerstag im zweiten Wahlgang die ÖVP-Kandidatin Margit Kraker als Nachfolgerin von RH-Chef Josef Moser nominiert. Die Bestätigung durch das Plenum sollte ein Formalakt sein.
Von den insgesamt acht Kandidatinnen und Kandidaten, die sich am Mittwoch einem öffentlichen Hearing gestellt hatten, waren fünf für die erste Abstimmung des Hauptausschusses über den neuen Rechnungshof-Vorsitz vorgeschlagen worden. Nicht dabei war Helga Berger, die als mögliche schwarz-blaue Kandidaten für das Amt gehandelt wurde.
Bereits vor Beginn der Ausschusssitzung hatte sich die steirische Landesrechnungshof-Direktorin Kraker, die von der ÖVP Zweitnominierte, als Favoritin abgezeichnet. Als Zugeständnis an die SPÖ, die vom Alleingang der ÖVP bei der Kandidatenaufstellung überrumpelt worden war, kam die Erstnominierte der ÖVP, Berger, nicht zum Zug. Die SPÖ hatte ihren Kandidaten nicht für die Abstimmung vorgeschlagen.
Berger schon zuvor aus dem Rennen
Denn der von der SPÖ für das Hearing am Vortag nominierte Rechnungshof-Sektionschef Gerhard Steger wurde nur von Grünen, NEOS und Team Stronach (TS) unterstützt. Letzteres schickte auch den früheren RH-Beamten Walter Laki in die Abstimmung. NEOS hatte zusätzlich die mit den Grünen gemeinsam präsentierte Hearing-Kandidatin Veronika Kickinger für die Abstimmung vorgeschlagen. Die FPÖ ging mit ihrer eigenen Kandidatin Barbara Kolm vom wirtschaftsliberalen Hayek-Institut ins Rennen.
SPÖ im ersten Wahlgang nicht für Kraker
Im ersten Wahlgang gab es im Hauptausschuss keine Mehrheit für einen RH-Kandidaten. SPÖ, Grüne, NEOS und TS unterstützten den RH-Spitzenbeamten Steger, der damit zwar mit 14 Stimmen vorne lag - auf eine Mehrheit fehlte ihm aber genau eine Stimme.
Insgesamt hat der Hauptausschuss 28 Mitglieder. Die acht ÖVP-Mandatare unterstützten die steirische Rechnungshof-Direktorin Kraker, die sechs Freiheitlichen die neoliberale Ökonomin Kolm. Dass die SPÖ zuerst nicht für Kraker stimmte, ist wohl auch als Retourkutsche für den ÖVP-Alleingang bei der Kandidatennominierung zu verstehen.
Regierungskrise vermieden
Mit der gemeinsamen Wahl von Kraker verhinderten SPÖ und ÖVP einen Bruch des Koalitionsabkommens und eine drohende Regierungskrise. Im Vorfeld war auch spekuliert worden, dass ÖVP und FPÖ gemeinsam eine ÖVP-Kandidatin mit Hilfe einer TS-Stimme zur Moser-Nachfolgerin küren könnten.
Mitte Juni Abstimmung im NR-Plenum
Formal wird der neue RH-Präsident Mitte Juni vom Plenum des Nationalrats gewählt, die Entscheidung fällt aber de facto im 28-köpfigen Hauptausschuss. Dort wird am Donnerstag ein Wahlvorschlag erstellt - und dieser darf laut Parlamentsdirektion nur auf einen Namen lauten.
„Der Hauptausschuss hat einen konkreten Entscheidungsvorschlag in Form eines auf eine Person lautenden Wahlvorschlages an das Plenum vorzulegen“, heißt es dazu aus dem Büro von Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ), die dem Hauptausschuss vorsitzt. Ein auf mehrere Personen lautender Vorschlag wäre somit zurückzuweisen.