„Big Data“: SPÖ fordert Debatte in Verfassungsausschuss
Alarmiert durch die Ankündigungen von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) bezüglich der Nutzung von „Big Data“ im Kampf gegen das Coronavirus fordert der Vorsitzende des Verfassungsausschusses im Parlament, Jörg Leichtfried (SPÖ), eine Ausschusssitzung unter Beisitzung von Verfassungsrechtlern, Datenschutzbehörden und anderen Datenschutzexperten.
Leichtfried: Krise kein Persilschein für Grundrechtseingriffe
„Eine Krisensituation ist eine schwierige Situation für eine Bundesregierung, die aber nicht dafür verwendet werden darf, überschießende Eingriffe in Grund- und Freiheitsrechte zu legitimieren. Vor allem nicht ohne Expertise der Mitglieder des Verfassungsausschusses, Verfassungsrechtlern und Datenschutzbehörden“, sagte Leichtfried gegenüber der APA. Als Ausschussvorsitzender werde er diesbezüglich Gespräche mit allen Parlamentsfraktionen aufnehmen.
„Die Sorge um die Gesundheit der Bürger darf unabdingbare Grund- und Freiheitsrechte sowie Rechtsstaatlichkeit nicht außer Kraft setzen“, warnte Leichtfried und verwies auf „die autoritäre und antidemokratische Wende in Ungarn.“
Leichtfried kritisiert Zadic
Leichtfried sieht Justizministerin Alma Zadic (Grüne) gefordert. „Datenschutz liegt im Justizministerium, die Datenschutzbehörde ebenso“, so Leichtfried. „Zadic muss die parteiübergreifenden Bedenken der Parlamentarier ernst nehmen.“ Zadic hatte in Interviews versichert, dass keine „individuelle Überwachung“ von Bürgern angedacht sei.
Experte: Rechtliche Lage klar
Laut dem Datenschutzexperten Viktor Mayer-Schönberger ist die Nutzung von „Big Data“ im Kampf gegen das Coronavirus grundsätzlich zulässig. „Die Datenschutzgrundverordnung, die in Österreich und in der gesamten Europäischen Union gilt, sagt ganz klar: Gesundheit geht vor, Leben retten ist wichtiger als Datenschutz hochhalten“, so der österreichische Jurist und Datenschutzexperte am Oxford Internet Institute heute im Ö1-Morgenjournal.