Asylwerber: Koalitionsstreit über Sobotka-Vorschlag
Jobs für 1,50 Euro?
Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) drängt auf eine Reform der Mindestsicherung. Er wünscht sich, dass der Zugang erschwert und dass die Leistung ähnlich wie beim deutschen Hartz-IV-System an eine Arbeitspflicht gekoppelt wird. Bezieher sollen demnach gemeinnützige Leistungen vollbringen - gegen einen Stundenlohn fernab der kollektivvertraglichen Lohnhöhen. Für die Vorschläge hagelt es Kritik.
Die SPÖ spricht von einem Angriff auf Arbeitnehmer und Sozialstaat. Sozialminister Alois Stöger lehnt auch die von Sobotka geforderte fünfjährige Wartezeit auf die Mindestsicherung ab. „Wenn die Menschen hier sind, brauchen sie Betreuung“, so der SPÖ-Minister im Ö1-Mittagsjournal. Sobotka habe offenbar die Position des Landes Niederösterreich vorgetragen: „Ich würde mich freuen, wenn der Herr Innenminister in der Bundespolitik ankommt.“
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler warnt vor „Lohndumping durch Schaffung eines Billigarbeitsmarktes“. Er verweist darauf, dass drei Viertel der Bezieher die Mindestsicherung zusätzlich zu einem niedrigen Einkommen erhalten und die durchschnittliche Höhe nur 300 Euro monatlich ausmache.
APA/Helmut Fohringer
Stöger kann der fünfjährigen Wartezeit nichts abgewinnen
FPÖ fordert „endlich Mut“
Die FPÖ reagierte in einer Aussendung mit scharfer Kritik an der Asylpolitik der Regierung: Diese müsse „endlich den Mut aufbringen“ zwischen Staatsbürgern und Nicht-Staatsbürgern – inklusive EU-Bürgern – klar zu differenzieren, so Sozialsprecher Herbert Kickl, ohne konkret auf Sobotkas Vorschlag einzugehen.
Echte Jobs werden zu Ein-Euro-Jobs
Die grüne Sozialsprecherin Judith Schwentner warnt davor, dass solche „Arbeitsprogramme“ in anderen Ländern dazu geführt hätten, dass die Betroffenen länger in der Sozialhilfe bleiben, weil sie ihre Grundprobleme nicht lösen können. „Schikanieren ist da keine Hilfe“, kritisiert Schwentner. Außerdem habe das System in Deutschland dazu geführt, dass echte Jobs in Ein-Euro-Jobs umgewandelt wurden: „Es wurden also Arbeitsplätze vernichtet.“
Gegen „Zwangsarbeit“ spricht sich auch NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker aus. „Statt die zahlreichen Schwächen der Mindestsicherung anzupacken, wird eine populistische Nebelgranate abgeschossen“, so Loacker in einer Aussendung. Er fordert stärkere Anreize zur Aufnahme einer Erwerbsarbeit - etwa eine Einschleifregelung, damit ein temporärer Zuverdienst nicht zur Kürzung der Mindestsicherung im selben Ausmaß führt.
Vielleicht „ein bisschen mehr“ als 1,5 Euro pro Stunde
Konkret hatte der Innenminister Mittwochfrüh vorgeschlagen, eine Verpflichtung einzuführen, gemeinnützige Arbeit im Ausmaß von 20 Stunden anzunehmen, sofern diese vorhanden und der Person zumutbar ist. Als Stundenlohn sind in Deutschland 1,50 Euro vorgesehen. Hier zeigt Sobotka Beweglichkeit: „Man kann diskutieren, ob das ein bisschen mehr sein kann.“ Der Innenminister sähe in der Verpflichtung eine wichtige Maßnahme zur Stärkung der Arbeitsfähigkeit bis zur gewünschten Rückkehr in den Arbeitsmarkt.
Während das freilich alle Mindestsicherungsbezieher treffen würde, wünscht sich Sobotka auch Maßnahmen, die offenbar als abschreckende Maßnahme für Zuwanderer wirken soll: Bekommen soll die Sozialleistung überhaupt erst, wer fünf Jahre lang seinen ordentlichen Wohnsitz in Österreich hat.
Sobotka will auch die Gesamthöhe der Mindestsicherung deckeln. Als Grenzwert schwebt dem ÖAAB-Politiker unverändert die Summe von 1.500 Euro vor, wobei diese nicht als Zahl in ein Gesetz geschrieben werden sollte, sondern ein Überschreiten des Werts durch verschiedene Maßnahmen verhindert werden sollte.
Sobotka verweist auf Abstand zu Einkommen
Warum die SPÖ mit den Vorschlägen nicht einverstanden ist, kann der ÖVP-Politiker nicht verstehen. Gerade den Sozialdemokraten könne es ja nicht egal sein, wenn zwischen Erwerbsarbeit und Mindestsicherung kein Unterschied mehr bestehe, verweist Sobotka auf niedrige Löhne etwa von Supermarktmitarbeitern oder Raumpflegerinnen.