Arbeitsmarkt: Auch 2017 wenig Entspannung in Sicht

Fast 425.000 im Vorjahr ohne Job

In Österreich waren 2016 über das Jahr gerechnet an die 425.000 ohne Arbeit bzw. in Schulungen. Das geht aus der am Montag veröffentlichten Jahresstatistik des Arbeitsmarktservices (AMS) hervor. Der heimische Arbeitsmarkt präsentierte sich insgesamt zwar stabiler als erwartet, die Lage müsse man aber dennoch als „sehr schlecht“ bezeichnen, so AMS-Chef Johannes Kopf.

Wie schon im November ist die Arbeitslosigkeit auch im Dezember des abgelaufenen Jahres gesunken. 2017 erwartet Kopf allerdings eine gegenläufige Entwicklung. „Sollten die Konjunkturprognosen stimmen, dann rechnen wir im Verlauf des Jahres 2017 wieder mit Anstieg der Arbeitslosigkeit“, sagte Kopf am Montag gegenüber dem Ö1-„Mittagsjournal“. Hinzu kommt laut Kopf, dass deutlich mehr geflüchtete Personen 2017 in Österreich Asyl erhalten werden.

Grafik zur Arbeitslosigkeit

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/AMS

Im Jahresdurchschnitt sind die Arbeitslosenzahlen in Österreich insgesamt auf Rekordhöhe geklettert. Die Zahl der jahresdurchschnittlich arbeitslosen Personen und Schulungsteilnehmer stieg 2016 im Vergleich zum Jahr davor um etwas mehr als 5.000 Personen zusätzlich auf 424.523 Betroffene. Laut Kopf war mit einem Plus von „20.000 bis 30.000 Personen“ mehr gerechnet worden. Der mildere Anstieg ist laut AMS neben der Konjunkturverbesserung auch dem Umstand geschuldet, dass im abgelaufenen Jahr weniger deutlich Asylverfahren abgeschlossen wurden.

Zahl der Langzeitarbeitslosen steigt

Den stärksten Anstieg der Arbeitslosigkeit gab es 2016 bei langzeitarbeitslosen Personen mit einem Plus von 59,8 Prozent auf 55.550 Betroffene. Die Zahl der arbeitslosen Personen und Schulungsteilnehmern stieg ebenfalls stark bei Akademikern (plus 13,8 Prozent), Personen mit höherer Ausbildung (plus 9,9 Prozent), Ausländern (plus 8,6 Prozent) und über 50-Jährigen (plus 5,6 Prozent). Den deutlichsten Rückgang gab es am Bau und in den Bundesländern Tirol und Salzburg.

Grafik zur Arbeitslosigkeit

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/AMS

Die vorläufige Arbeitslosenquote nach nationaler Berechnung verringerte sich 2016 laut AMS um 0,1 Prozentpunkte auf 9,1 Prozent. Im Durchschnitt betrug die Verweildauer in der Arbeitslosigkeit bereits 126 Tage, um elf Tage mehr als 2015. Die Zahl der unselbstständig Beschäftigten stieg laut Prognose um 1,5 Prozent auf 3,588 Millionen, und die sofort verfügbaren Stellen erhöhten sich 2016 aufgrund der Konjunkturbelebung im Jahresdurchschnitt um 37,7 Prozent auf 40.277.

Stöger sieht 2017 „keine Trendwende“

Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) verwies auf den kräftigen Anstieg des Arbeitskräftepotenzials. „Dieser Zuwachs konnte bis vor wenigen Monaten auch durch die zusätzlich geschaffenen Arbeitsplätze und die Beschäftigungsrekorde dieses Jahr nicht abgefangen werden“, so Stöger in einer Aussendung. Ein anhaltender Rückgang der Arbeitslosigkeit ist für Stöger noch nicht in Sicht. Das zweite Monat in Folge mit leicht sinkender Arbeitslosigkeit sei „keine Trendwende“, und das Thema Arbeitsplätze habe 2017 oberste Priorität für die Bundesregierung.

Kopf: „Es geht auch ums Chancen-Aufzeigen“

Im Interview mit der Zeit im Bild um 13.00 Uhr nahm Kopf neuerlich zur Diskussion über die Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose Stellung.

AMS-Chef Kopf kündigte im Ö1-„Mittagsjournal“ indes eine Qualifizierungsoffensive im Auftrag der Regierung an. Mehr als 30.000 Personen soll eine Ausbildung ermöglicht werden. Ziel sei es, dass diese Menschen einen Lehrabschluss erwerben. Eine Trendwende auf dem Arbeitsmarkt wird sich Kopf zufolge erst 2020 abzeichnen. Dann allerdings aus demografischen Gründen, weil die Bevölkerung in Österreich zu diesem Zeitpunkt deutlich rückläufig sein soll.

AMS-Zahlen relativieren Fachkräftemangel in Gastronomie

Erst kürzlich sorgte die Entscheidung des Sozialministeriums, Köche und Kellner nicht in die Liste der Mangelberufe aufzunehmen, für einen Aufschrei in der Tourismusbranche. Eine AMS-Sonderauswertung für den „Standard“ relativiert die Sorgen der Gastronomie nun. Laut AMS gibt es österreichweit deutlich mehr arbeitssuchende Kellner und Köche als offene Stellen. Zudem wird ein Großteil der Jobs innerhalb weniger Wochen vergeben.

Im November 2016 wurden via AMS 1.369 Kellner sowie 1.393 Köche in Österreich gesucht. Ihnen standen 5.806 arbeitssuchende Kellner und 2.985 Köche gegenüber, berichtet die Zeitung am Montag. In allen Bundesländern, also auch den stark vom Wintertourismus abhängigen westlichen, gibt es mehr arbeitslose Kellner als offene Stellen. Bei den Köchen gibt es in Salzburg und Tirol mehr offene Stellen als Jobsuchende.

Weiters hat das AMS erhoben, wie lange es dauert, bis die offenen Stellen besetzt sind. Bei den Kellnern konnten zwischen Jänner und November 2016 66,2 Prozent aller 23.252 gemeldeten Jobs binnen 30 Tagen besetzt werden, für weitere 30,1 Prozent fand sich spätestens nach drei Monaten jemand. Lediglich 3,7 Prozent der Stellen blieben länger als 90 Tage unbesetzt, heißt es in dem Bericht. Ähnlich verhält es sich bei den Köchen. Dort wurden 95,3 Prozent aller beim AMS gemeldeten Stellen binnen drei Monaten besetzt, nur in 4,7 Prozent der Fälle mussten die Firmen länger als 90 Tage suchen.

„Personalmangel lässt sich nicht kleinreden“

Die Wirtschaftskammer äußerte unterdessen Unverständnis über die Auswertung des AMS. „Die traurige Tatsache, dass in unserer Branche akuter Personalmangel herrscht, lässt sich nicht kleinreden“, sagte die Obfrau der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft bei der Wirtschaftskammer, Petra Nocker-Schwarzenbacher. Verkürzte Betrachtungsweisen führten schnell zu Falschinterpretationen. „Wir arbeiten vielfach im Saisonbetrieb. Daher ist der Eins-zu-eins-Vergleich mit Ganzjahresbetrieben bei der Personalsuche unzulässig“, so Nocker-Schwarzenbacher.

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