AK und Gewerkschaft fordern Kampf gegen Lohndumping
Seit zehn Jahren haben Arbeitnehmer aus ostmitteleuropäischen EU-Staaten das Recht, in allen EU-Staaten wie Inländer einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Diese Arbeitnehmerfreizügigkeit wurde von weit mehr Menschen aus Osteuropa genutzt als ursprünglich gedacht und hat auf den heimischen Arbeitsmarkt gedrückt.
Die nun vorliegende Novelle des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes werde dem nicht gerecht, kritisierten heute Arbeiterkammer und Gewerkschaft.
„Spürbare“ Strafen und strengere Kontrollen gefordert
AK-Präsidentin Renate Anderl und Bau/Holz-Gewerkschaftschef Josef Muchitsch forderten „spürbare“ Strafen und strengere Kontrollen im Bereich Arbeitnehmerfreizügigkeit. Seit Mai 2011 gab es laut den Angaben rund 8.900 rechtskräftige Entscheidungen.
Über 53 Prozent betrafen das Nichtbereithalten bzw. die Verweigerung der Einsichtnahme in die Lohnunterlagen. Von den rechtskräftigen Strafen entfielen 24 Prozent auf Firmen mit Sitz in Österreich, 13 Prozent der Unternehmen kämen aus Slowenien, elf Prozent aus Ungarn. 38 Prozent betrafen die Baubranche, 9,5 Prozent die Gastronomie.
„Es gibt derzeit praktisch keine Strafen gegen ausländische Unternehmen wegen sogenannter Formaldelikte wie das nicht Bereithalten der Lohnunterlagen. Kontrollen werden dadurch einfach unterlaufen, Kontrollvereitelungen nehmen zu. In der Landwirtschaft gibt es kaum Kontrollen“, so Muchitsch. Er forderte unter anderem eine Generalunternehmerhaftung für die Löhne. Anderl verwies darauf, dass unter dem Missbrauch auch alle ehrlichen Unternehmer in Österreich leiden.
777.284 Personen aus dem Ausland in Österreich beschäftigt
Im Jahr 2020 gingen 777.284 Personen aus dem Ausland in Österreich einer Beschäftigung nach. Mit 104.436 stellten dabei deutsche Staatsangehörige die Mehrzahl der Personen. Im Jahr 2020 waren im Durchschnitt 323.750 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus den neuen Mitgliedsländern in Österreich beschäftigt.
90.685 aller ausländischen Arbeitskräfte in Österreich im Jahr 2020 stammten aus Bulgarien, Kroatien und Rumänien – also aus Ländern, die später zur EU kamen.
„Dabei sind aber die vorübergehend grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmer noch nicht enthalten. 2011 kam es zu etwa 70.000 Entsendungen. Seitdem kommt es zu einer starken Zunahme. So etwa stiegen die Entsendungen (ohne Verkehr) von etwa 122.000 im Jahr 2014 auf 211.500 im Jahr 2019. Mit dem Verkehrsbereich dazugerechnet erfolgten 690.000 Entsendemeldungen“, rechneten die Arbeitnehmervertreter vor.
Verweis auf hohe Lohnunterschiede
Anderl und Muchitsch verwiesen auf die hohen Lohnunterschiede zwischen Österreich und Osteuropa/Südosteuropa. So liege das Durchschnittseinkommen in Industrie und Bau in Ungarn bei 29,9 Prozent des österreichischen Einkommens, in Polen bei 33,2 Prozent, in der Slowakei bei 35,8 Prozent und in Slowenien bei 50,4 Prozent.
Europaweit sei Österreich unter den Empfängerländern an fünfter Stelle. Beim Anteil der Entsendungen aus Niedriglohnländern liege Österreich EU-weit an der Spitze.