„Wenn ich zu wenig Geld habe, gehe ich mehr arbeiten“
Nehammer sagte in dem Video, er habe mit „Linken" die Diskussion geführt, wie es sein könne, dass die Menschen in Österreich immer weniger Geld hätten, sich aber die Teilzeitquote nicht erhöhte. „Nicht einmal bei den Frauen, die keine Betreuungspflichten haben? Wenn ich zu wenig Geld habe, gehe ich mehr arbeiten“, sagte der Kanzler in dem Video.
„Nicht gesund, aber billig: Ein Hamburger bei McDonald’s“
Dann sprach Nehammer über Kinderarmut: „Genau so schreit man: Ein Kind in Österreich bekommt keine warme Mahlzeit“. Was ihn „am meisten dabei stört“, sei, dass man in Leserbriefen nirgends höre oder lese: „Was ist eigentlich mit den Eltern? Was heißt, ein Kind kriegt in Österreich keine warme Mahlzeit in Österreich? Wisst ihr, was die billigste warme Mahlzeit in Österreich ist? Sie ist nicht gesund, aber sie ist billig: ein Hamburger bei McDonald’s.“ Nehammer trug vor: 1,40 Euro würde ein Hamburger kosten, mit Pommes dazu wären es 3,50 Euro.
Dazu meinte er: „Und jetzt behauptet wirklich einer ernsthaft, wir leben in einem Land, wo die Eltern ihrem Kind dieses Essen nicht leisten können?“ Man könne noch darüber reden, ob es gesund sei, dann müsse man etwas anderes tun.
„Wenn wir uns in dieser Diskussion verlieren, und das ärgert mich besonders, weil es in den Medien überhaupt nicht stattfindet, dann reden wir von Staatswirtschaft“ – und weiter: „Das heißt, jeder Elternteil hat sein Kind beim Staat einzumelden, wir machen Kalorientabellen, wir schauen, wie viel Essen kriegt das Kind, wie wird’s ernährt? Und dann sind wir in der DDR. So schaut die linke Welt aus“, so der Kanzler. Man müsse „mehr als wachsam sein“.
„Ich kann das jedem erzählen, aber es ist jedem wurscht"
Man lebe in Österreich „in einem der besten Länder", sagte der Kanzler und verwies darauf, dass man die Kaufkraft erhalten habe beziehungsweise ein Plus habe trotz hoher Inflation. „Ich kann das jedem erzählen, aber es ist jedem wurscht“, es heiße immer, man habe weniger Geld. „Mit dem muss ich leben in der Politik“.
Grüne orten „bürgerliche Verrohung“
Kritik kam vom Koalitionspartner: „Offene Abwertung einer sozial-gerechten Politik ist wenig überraschend Teil der bürgerlichen Verrohung, auch wenn trotzdem erschreckend in dieser Offenheit. Die Frage ist auch: Wer sind die Claqueure, die sich auf Kosten von armutsgefährdeten Frauen & Arbeitslosen amüsieren“, schrieb Ewa Ernst-Dziedzic, Außenpolitik- und Menschenrechtssprecherin der Grünen.
SPÖ: „Unterstellung“ und „Frechheit“
SPÖ-Chef Andreas Babler äußerte sich auf dem Kurznachrichtendienst Twitter (X), ohne Bezug auf den Clip zu nehmen. „Die Österreicherinnen und Österreicher haben einen Bundeskanzler verdient, der die Menschen respektiert, statt sie zu verachten.“
Kritik kam von SPÖ-Frauensprecherin Eva-Maria Holzleitner auf Twitter (X): „Nehammer muss sich bei den Frauen entschuldigen. Wer leistet den Großteil der unbezahlten Arbeit in diesem Land? Viele Stellen u. a. nicht Vollzeit ausgeschrieben oder verfügbar. Die Liste der Gründe für Teilzeit ist lang. Faulheit dazuzuzählen ist eine Unterstellung und Frechheit!"
NEOS: „Erschütternd“
Auch Henrike Brandstötter von NEOS nahm via Twitter (X) auf diese Passagen Bezug: „Erschütternd! #Nehammer beklagt sich derb über Teilzeit arbeitende Frauen – als Karrierepolitiker bei der ÖVP, die seit Jahrzehnten keine Rahmenbedingungen für Frauen schafft, damit diese nicht vom Partner oder Staat abhängig sind."
Landau: „Von Wirklichkeit keine Ahnung“
Und Caritas-Präsident Michael Landau schrieb auf Twitter (X): „In Österreich muss niemand verhungern oder im Winter erfrieren“, aber wer sage, „dass niemand hungert oder friert, hat von der Wirklichkeit der Menschen keine Ahnung“.