Der Nationalrat hat am Donnerstag eine umfassende Reform des Sozialversicherungssystems beschlossen
Damit wird die Zahl der Träger stark reduziert und die Machtposition der Arbeitgeber in den Gremien deutlich ausgebaut. Dem Beschluss ging eine Debatte von ungewohnter Heftigkeit voraus.
Künftig wird es statt 21 fünf Träger geben, der Hauptverband der Sozialversicherungsträger wird in seiner Bedeutung geschmälert, behält aber dank eines Abänderungsantrags doch fixe Vorsitzende. Ursprünglich war geplant, dass die Obleute der Träger in einem halbjährlichen Rotationsprinzip die Leitung übernehmen. Die Regierung reagierte aber auf Bedenken, dass eine gezielte Unternehmensplanung so erschwert werde – nun sind zwei Führungspersonen vorgesehen, die den Vorsitz für fünf Jahre abwechselnd ein halbes Jahr führen und damit de facto eine Doppelspitze bilden.
Größter Brocken der Reform ist die Fusion der neun Gebietskrankenkassen zu einer Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), wobei neun Länderstellen erhalten bleiben. Die ÖGK schließt einen österreichweiten Gesamtvertrag für die Ärztehonorare ab. Bis 2021 sollen die Leistungen harmonisiert werden.
Berufsgruppenkassen bleiben bestehen
Neben der ÖGK für die Arbeitnehmer wird es weiterhin auch andere Berufsgruppenkassen geben. Bauern und Unternehmer kommen in der neuen Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVS) zusammen, dritter Sozialversicherungsträger wird die Versicherungsanstalt für den öffentlichen Dienst, Eisenbahn und Bergbau (BVAEB). Die Pensionsversicherungsanstalt (PV) bleibt bestehen, ebenso die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA).
Zusammenlegung der Krankenkassen im Nationalrat
In einer emotionsgeladenenen Debatte diskutierte der Nationalrat jetzt die Zusammenlegung der Krankenkassen. Es hagelte Ordnungsrufe, die Worte Lüge und Unwahrheit waren keine Seltenheit.
In Kraft treten soll das Gesetz am 1. Jänner 2019. Mit April werden pro Träger Übergangsgremien zur Vorbereitung des Fusionsprozesses eingesetzt und neue leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht. Mit gleichem Datum will die Regierung die verordnete „Ausgabenbremse“ bei den Sozialversicherungen wieder aufheben. Ab 1. Jänner 2020 soll die neue Kassenstruktur dann gültig sein.
Ermächtigungsgesetz wieder abgesagt
Mittels Abänderungsantrag wieder aus dem Gesetz eliminiert wurde die erst im November vom Nationalrat beschlossene und von der Opposition heftig kritisierte Bestimmung, wonach die Sozialministerin notwendige „Vorbereitungshandlungen“ für jedes Gesetzesvorhaben im Bereich der Sozialversicherungsgesetze setzen darf, sofern ein entsprechender Entwurf bereits in parlamentarischer Behandlung steht. Es hatte die Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof gedroht.
Voraus ging dem Mehrheitsbeschluss eine der heftigsten Debatten der vergangenen Monate. Zahlreiche tatsächliche Berichtigungen, persönliche Erwiderungen und Geschäftsordnungsmeldungen führten zu einer zerhackten und untergriffigen Diskussion, die auch Ordnungsrufe durch den vorsitzführenden Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP) zur Folge hatte.
„System von Herrn und Knecht“
„Ehe der Hahn zweimal kräht, hast du die Arbeitnehmer dreimal verraten“, richtete etwa Ex-Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) ÖAAB- und ÖVP-Klubobmann August Wöginger aus. „Sie wollen den Sozialstaat in die Luft sprengen“, sagte sein Parteikollege Rainer Wimmer. Stöger verdächtigte die Regierung, ein „System von Herrn und Knecht“ wiedereinführen zu wollen, die Reform sei klar verfassungswidrig.
Harte Debatte über Kassenreform
Ex-Sozialminister Stöger (SPÖ) befürchtet, dass künftig weniger Geld für die Gesundheitsversorgung und Gemeinden zur Verfügung stehen wird.
SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner bestritt, dass mit der Reform die Sozialversicherung schlanker werde – vielmehr werde mit der ÖAK eine zusätzliche Verwaltungsebene eingezogen, die als einziges Ziel eine neue Machtstruktur habe. Nach der von der SPÖ vermuteten Umfärbung in den Gremien würden Selbstbehalte, Ambulanzgebühren und Leistungseinschränkungen folgen, mutmaßte die SPÖ-Chefin. So sei der Beschluss auch „brandgefährlich“. Die Gesundheitsfinanzierung werde aufs Spiel gesetzt.„Heute ist ein denkwürdiger Tag, wir schreiben Geschichte“, jubelte hingegen Sozialministerin Beate Hartinger (FPÖ) über „die größte Reform der Zweiten Republik“, um gleich zu versichern, dass ihr Ziel immer gewesen sei, die Sozialversicherung für die Versicherten zu reformieren. Die einzigen Verlierer jetzt seien die Funktionäre: „Bei uns steht der Patient im Mittelpunkt und nicht der Funktionär.“
„Wir setzen die Funktionäre an die Luft“
Schärfer formulierte es Hartingers Parteifreundin Dagmar Belakowitsch. In Richtung Gewerkschaft sagte sie: „Ich bin ja schon froh, dass Sie heute nicht mit dem Pflasterstein gekommen sind.“ Die Funktionäre sollten nicht auf die Straße gehen, sondern die Patienten behandeln, meinte die FPÖ-Abgeordnete mit Blick auf die Proteste der Wiener und der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse am Mittwoch – mehr dazu in wien.ORF.at. Warum demonstriert wird, ist für Belakowitsch klar: „Die roten Bonzen sind die Verlierer.“ Auch ihr Parteikollege Johann Gudenus freute sich: „Wir setzen die Funktionäre an die frische Luft.“
Harte Debatte über Kassenreform
FPÖ-Sozialsprecherin Belakowitsch sieht nur die „roten Bonzen“ als Verlierer der Reform.
NEOS und Jetzt vermuteten dagegen eine Umfärbung. NEOS-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger sprach von der Reform als „Augenauswischerei“ und „Pflanz“. Der Beschluss bringe nur ÖVP- und FPÖ-Funktionären etwas und sonst niemandem. Die Versicherten würden keine besseren Leistungen haben, auch nicht mehr Kassenärzte. Zudem bleibe die ÖVP-Klientel wie Beamte und Bauern ausgeklammert. Eine Aushebelung der Selbstverwaltung will Jetzt-Mandatarin Daniela Holzinger im Gesetzesvorschlag erkennen. Sie plädierte vielmehr dafür, mittels Sozialwahl die Positionen in der Sozialversicherung zu bestimmen. Den Patienten bringe es nichts, wenn die Funktionäre einfach per Gesetz farblich ausgetauscht würden.
Hauptverband besänftigt, Senioren klagen
Der derzeitige Vorsitzende des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, Alexander Biach, sieht zumindest leichte Verbesserungen gegenüber den ersten Plänen der Regierung: „Das Bohren dicker Bretter hat sich ausgezahlt. Die Streichung des Rotationsprinzips im Dachverband war eine kluge und erfolgsentscheidende Verbesserung. Ich bin froh, dass unser Verbesserungsvorschlag aufgegriffen wurde.“
Nicht zu besänftigen waren die Pensionisten: Die Verfassungsklage des Seniorenrates gegen die Reform ist jetzt fix. Dass man als gesetzliche Interessenvertretung in den neu zu bildenden Gremien in den Sozialversicherungen auch nach der Reform nicht vertreten sein wird, ist für die beiden Präsidenten Ingrid Korosec (ÖVP) und Peter Kostelka (SPÖ) eine Diskriminierung. Wenn ein Viertel der Versicherten, die ein Drittel der Beiträge zahlen, von der Mitbestimmung ausgeschlossen werde, dann sei das „ein glatter Fall von Altersdiskriminierung“, sagte Kostelka.
„Willkommen im Boot der Reformbereiten!“ Mit diesen Worten begrüßte der Vorsitzende der younion _ Die Daseinsgewerkschaft heute, Donnerstag, den Richtungsschwenk der Wiener ÖVP in Sachen sonderpädagogische Ausbildung.
„Es ist nie zu spät, dazuzulernen. Angesichts ihrer neuen Erkenntnisse kann die Wiener ÖVP auf Minister Heinz Faßmann einwirken, damit er endlich die notwendigen Schritte setzt. Vielleicht hört er ja seinen Parteifreunden zu, nimmt endlich den Fuß von der Bremse und setzt unsere Forderungen um“, sagte Meidlinger.
Mit hartnäckiger Verzögerungstaktik verweigert der Bund seit langem eine anstehende Reform der sonderpädagogischen Ausbildung, die von einer deutlichen Mehrheit der Bundesländer gefordert wird. Die Bundesländer wollen die Möglichkeit haben, AbsolventInnen des Pädagogischen Hochschulstudiums „Elementarbildung, Inklusion und Leadership“ direkt anzustellen. Der Beruf soll attraktiver werden. Österreichweit herrscht ein Mangel an elementaren SonderpädagogInnen.
„Mit den neuen MitstreiterInnen an Bord gelingt es vielleicht, den Minister von seiner Taktik ewiger Evaluierungen und Überprüfungen offensichtlicher Mängel abzubringen. Dann kann die notwendige Gesetzesreform endlich starten und die seit langem bekannte prekäre Personalsituation hat ein Ende“, schloss Meidlinger.
Alle Parlamentsparteien haben sich gestern mit der Zivildienstnovelle zufrieden gezeigt. Ihr Ziel ist, den Heeresersatzdienst attraktiver zu machen. Wesentlichste Punkte sind, dass die Zivildiener eine Staatsbürgerschaftskunde absolvieren müssen und bei längerem Krankenstand leichter (vorübergehend) entlassen werden können.
Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP) erhofft sich von der Novelle mehr Interessenten für den Zivildienst. Die Zuweisungen sind mit den jetzt zum Zug kommenden geburtenschwachen Jahrgängen stark zurückgegangen – heuer werden es nur rund 14.600 sein -, und dieses Problem werde man auch in den nächsten sieben bis zehn Jahren noch haben.
Verpflichtendes Modul „Staat und Recht“
Die Novelle sieht vor, dass Zivildiener künftig automatisch aus dem Dienst entlassen werden, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen mehr als 23 Tage dienstunfähig waren – länger durchgehend oder wiederholt einige Tage lang. Der Dienst muss dann später möglicherweise an einer anderen Stelle nachgeholt werden. Derzeit löst nur eine mehr als 18-tägige durchgängige Erkrankung die vorzeitige Entlassung aus. Außerdem werden Zivildiener zu einem E-Learning-Ausbildungsmodul „Staat und Recht“ verpflichtet. Ihre Vorgesetzten müssen alle drei Jahre ein spezielles computergestütztes Ausbildungsmodul absolvieren.
Einrichtungen, die drei Jahre lang keine Zivildiener angefordert haben, kann leicht die Anerkennung als Zivildienstträger entzogen werden. Auch eine nachträgliche Reduzierung zuerkannter Plätze ist – bei augenscheinlich fehlendem Bedarf – dann möglich.
Im Landestheater Linz und beim Bruckner Orchester Linz herrscht große Verunsicherung
Trotz massiver Proteste und mehr als 21.000 Unterschriften dagegen, hat der Gemeinderat die einseitige Auflösung des Theatervertrages mit dem Land beschlossen.
Thomas Dürrer, Bundessekretär in der younion _ Die Daseinsgewerkschaft ist wütend: „Wie kann man hunderte Beschäftigte so kaltherzig in Existenzängste jagen – und das ausgerechnet vor Weihnachten? Hier wird Machtpolitik auf Kosten von Beschäftigten und deren Familien betrieben. Das ist unerträglich.“ „Der Beschluss des Gemeinderates ist ein schwerer Schlag in die Magengrube. Hier war Bürgermeister Luger mehr als schlecht beraten! Ich glaube nicht, dass sich die Politik der Tragweite dieses Handelns bewusst war oder ist“, zeigt sich Josef Fuchsluger, Betriebsratsvorsitzender im Bruckner Orchester Linz, schwer enttäuscht.
Die Politik argumentiert, dass die Finanzierung im kommenden Jahr gesichert ist – doch genau damit entlarvt sie ihr Unwissen, wie der Kulturbetrieb überhaupt funktioniert. Thomas Dürrer: „Die Planungen müssen mehr als ein Jahr im Voraus erfolgen, sonst sind Großproduktionen überhaupt nicht möglich. Ich verstehe nicht, wie man etwas beschließen kann, ohne es sich vorher genau anzusehen." Dürrer macht sich dabei auch Sorgen, wie sich das Machtspiel zwischen Stadt und Land auf Linz allgemein auswirkt: „Der Kulturbetrieb ist zum Beispiel auch ein Wirtschaftsfaktor im Tourismus oder bei Kleinbetrieben. Was hier mit dieser Entscheidung angerichtet wurde, ist noch völlig unklar.“
younion-Landesvorsitzender Christian Jedinger fordert das Land Oberösterreich als Alleineigentümer auf, für eine finanzielle Bestandsgarantie für Theater und Orchester zu sorgen. Jedinger: „Bei jährlich 87 Millionen Euro Nettozahlungen der Stadt an das Land OÖ gibt es keine Rechtfertigung, die betroffenen Arbeitsplätze zu gefährden.“
Starke Einschnitte bei Familien angekündigt, aber Gesetzestext liegt noch immer nicht vor
Die Regierung hat heute eine Einigung bei der Mindestsicherung bekannt gegeben. Ein konkreter Gesetzestext liegt allerdings noch immer nicht vor. Die Kürzungen sind für die Betroffenen schwer zu tragen. Zu den finanziellen Auswirkungen für den Gesamthaushalt hat die Regierung bis dato noch keine Berechnungen vorgelegt. Der Vermögenszugriff soll zwar abgemildert aber bestehen bleiben. Das ist vor allem im Hinblick auf die im Regierungsprogramm vereinbarte Abschaffung der Notstandshilfe relevant. AK Sozialbereichsleiterin Alice Kundtner sagt: „Was die Regierung hier vorlegt, ist eine Kürzung der Mindestsicherung, die Familien mit Kindern stark trifft. Unabhängig von der Herkunft und auch dann, wenn in der Familie nur ein oder zwei Kinder leben.“
+ Mindestsicherung beträgt nur 0,6 Prozent aller öffentlichen Ausgaben
Die Kosten der Mindestsicherung machen 0,98 Mrd. aus. Aufgrund aggressiver Steuerplanung, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung bei der Körperschaftssteuer entgehen dem österreichischen Staat jährlich Einnahmen, die den Ausgaben der Mindestsicherung entsprechen.
+ Vermögenszugriff bleibt
Der Vermögenszugriff wurde zwar abgemildert, bleibt aber weiterbestehen. Kundtner: „Das ist vor allem für 157.000 Menschen in Österreich relevant, die derzeit noch Notstandshilfe beziehen. Die Regierung hat sich ja im Regierungsprogramm die Abschaffung der Notstandshilfe vorgenommen.“
+ Kürzung trifft Kinder
Kundtner: „Ein Drittel aller MindestsicherungsbezieherInnen sind Kinder und Jugendliche. Auf sie kommen Kürzungen durch die Hintertür zu.“ So sollen künftig Paare im selben Haushalt nicht mehr das 1,5-Fache des Grundbetrags, sondern nur mehr 1,4 Mal so viel erhalten. Das wiegt die minimalen Steigerungen beim Betrag für das erste und zweite Kind auf. Zudem soll die Geldleistung ab Herbst 2019 um u.a. den Kinderabsetzbetrag von 58,40 Euro pro Kind gekürzt werden.
Bisher:
150 Prozent von 863 Euro für Paare = 1.294.50 Euro
18 Prozent für das erste Kind = 155,35 Euro
18 Prozent für das zweite Kind = 155,35 Euro
Summe: 1.605,26 Euro
Pläne der Bundesregierung (inkl. Abzug des Kinderabsetzbetrags):
140 Prozent von 863 Euro für Paare = 1.208,20 Euro
45 Prozent für zwei Kinder = 388,35 Euro minus 116,80 Euro Anrechnung des Kinderabsetzbetrags
Summe: 1.479,83 Euro
Das ist ein Minus von 125,43 Euro!
+ Kürzungen behindern Integration
- Es wird für die Menschen schwer, den Arbeitsmarktqualifizierungsbonus über 300 Euro zu bekommen, wenn gleichzeitig die Mittel für Deutschkurse und Fachausbildungen gekürzt werden.
- Es fehlt jeglicher Anreiz, eine Berufsausbildung zu machen. Das gilt für alle Jugendlichen, die einen Pflichtschulabschluss haben und die es am Arbeitsmarkt ohne Berufsausbildung auf Dauer sehr schwer haben werden.
Stattdessen fordert die AK:
+ Ausreichend Deutschkurse
Wer Arbeitsmarktintegration von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten fordert, darf nicht gleichzeitig die notwendigen Mittel kürzen.
+ Investitionen in Menschen rechnen sich. Es ist besser MindestsicherungsbezieherInnen, die arbeitslos und arbeitsfähig sind, eine geförderte Beschäftigung - zu Kollektivvertragslöhnen - zu ermöglichen (z.B. in einem Sozial-Ökonomischen Betrieb), als ihnen nur die Leistung auszuzahlen. Das ist nicht nur sinnstiftender für die Betroffenen, sondern rentiert sich auch budgetär innerhalb weniger Jahre.
Die Arbeiterkammer (AK) wird nicht müde, auf Nachteile des neuen Arbeitszeitgesetzes – Stichwort Zwölfstundentag – zu verweisen, die es aus ihrer Sicht gibt. So betonte AK-Präsidentin Renate Anderl erneut, dass „die Freiwilligkeit bei der Arbeitszeit ein Märchen ist“ – untermauert mit einer neuen, von der AK beauftragten Forba-Studie mit 9.400 Befragten.
58 Prozent der befragten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Vollzeit haben laut der Studie kein Mitspracherecht bei der Arbeitszeit, sondern bekommen diese vom Arbeitgeber vorgegeben. Selbst über ihre Arbeitszeit bestimmen nur 13 Prozent der Vollzeitkräfte. Je höher der Bildungsgrad, desto eher ist eine Mitsprachemöglichkeit gegeben. So haben vollzeitbeschäftigte Pflichtschulabsolventen und -absolventinnen zu rund 85 Prozent fix vorgegebene Arbeitszeiten.
Hilfsköchin lehnte Zwölfstundentag ab – Job verloren
Als „beispielhaft“ für die Mehrheit der Arbeitnehmer, die nicht selbst über ihre Arbeitszeit bestimmen können, erinnerte die AK an den Fall einer Hilfsköchin in Wien, die ihren Job in Wien verlor, weil sie es ablehnte, zwölf Stunden am Tag zu arbeiten. Mittlerweile ist die AK hier vor Gericht gezogen.
Der Arbeitgeber sei der Hilfsköchin nämlich die Abfertigung schuldig. Die Arbeiterin habe „unter Druck“ eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses unterzeichnet – „in der Hoffnung, wenigstens schnell zu ihrer Abfertigung zu kommen“, so die AK.
Ebenso wie NEOS wendet sich auch die SPÖ an Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Sie ersuchen ihn, die vom Nationalrat beschlossene Bestimmung, die „Vorbereitungshandlungen“ für die Krankenkassenreform erlaubt bevor die grundlegenden Gesetze dafür in Kraft sind, nicht zu unterzeichnen. Beide Oppositionsparteien halten das Gesetz für verfassungswidrig.
Der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried und Verfassungssprecher Peter Wittmann ersuchen Van der Bellen um eine formelle und auch materielle Prüfung des Gesetzes. Eine Unterschriftsverweigerung durch den Bundespräsidenten wäre die letzte Möglichkeit, damit das Gesetz nicht in Kraft treten kann. Die gleiche Bitte hatten am Sonntag auch schon NEOS an den Bundespräsidenten gerichtet.
SPÖ zieht Gang zum VfGH in Erwägung
Sollte die Regelung trotz allem in Kraft treten, werde sie die SPÖ zum Verfassungsgerichtshof (VfGH) bringen, bekräftigten die beiden SPÖ-Abgeordneten in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Dies wäre mit einem Drittelantrag im Bundesrat möglich, wo die Bestimmung noch behandelt werden muss.
Für die Erörterung in der Länderkammer verlangen die Sozialdemokraten ein Expertenhearing. Sollte es dazu nicht kommen, wird die SPÖ der Tagesordnung für die Sitzung nicht zustimmen. Die Tagesordnung wird üblicherweise im Einvernehmen der Fraktionen festgelegt, sollte es dazu nicht kommen würde die Bundesratspräsidentin und Sozialdemokratin Inge Posch-Gruska darüber entscheiden.
Sie hätte dann drei Möglichkeiten: die Bestimmung dennoch auf die Tagesordnung zu setzen, das Thema auf die nächste Sitzung am 20. Dezember zu verschieben oder der Forderung nach einem Hearing nachzugeben.
Die SPÖ hat jetzt formell ein Hearing im Bundesrat über die Regelung gefordert, mit der der Sozialministerin „Vorbereitungshandlungen“ für die Krankenkassenreform noch vor deren Beschluss erlaubt werden sollen. Der Bundesrat müsse dem Nationalrat – der sie schon beschlossen hat – aufzeigen, „wie eine verfassungskonforme Vorgangsweise aussehen könnte“, heißt es in einem Brief an Bundesratspräsidentin Inge Posch-Gruska (SPÖ).
Sollte es nicht zum Hearing kommen, wird die SPÖ der Tagesordnung für die Sitzung, in der es um das „Ermächtigungsgesetz“ geht, nicht zustimmen, erklärte der Fraktionschef der SPÖ-Bundesratsfraktion, Reinhard Toth, in seinem Brief an Präsidentin Posch-Gruska.
Tagen könnte der Bundesrat dann trotzdem, die Entscheidung über die Tagesordnung trifft die Präsidentin. Üblicherweise wird die Tagesordnung für Parlamentssitzungen aber immer im Einvernehmen der Fraktionen festgelegt.
Kritik auch von Rechtsexperten
Die SPÖ läuft auf allen Ebenen Sturm gegen die Verordnungsermächtigung – bestätigt durch die Kritik von Rechtsexperten wie Rudolf Müller, Walter Berka, Karl Stöger und Bernd-Christian Funk. Sie alle erachten es für verfassungswidrig, wenn eine Ministerin Vorbereitungen für eine Reform treffen darf, die vom Parlament noch gar nicht beschlossen wurde. Zumindest diese vier Experten sollten auch vom Bundesrat zum Hearing geladen werden, verlangte Toth. Ihm sei es „unverstellbar, diese Vorlage einfach im Bundesrat durchzuwinken“.
Den Beschluss aufhalten kann die SPÖ allerdings nicht. Aber sie hat bereits angekündigt, die Regelung vor den Verfassungsgerichtshof zu bringen, wenn sie in Kraft tritt. Das ist mit einem Drittelantrag im Bundesrat möglich.
Erstmals in ihrer mehr als 120-jährigen Geschichte hat die SPÖ eine Frau an der Spitze: Pamela Rendi-Wagner wurde auf dem Parteitag in Wels mit fast 98 Prozent gewählt. Auch Parteiprogramm und Leitantrag wurden beschlossen. Rendi-Wagner hat eine schwierige Aufgabe vor sich. Sie versuchte in ihrer Rede gleich, die Partei darauf einzuschwören: „Ich verspreche euch, ich werde rennen, und ich bitte euch, rennt mit mir, für die Menschen.“
Nach ihrer rund einstündigen Rede, in der sie ihren Kurs grob skizzierte und der ÖVP-FPÖ-Regierungsspitze heftig einschenkte, wurde Rendi-Wagner mit 97,81 Prozent der Stimmen zur Nachfolgerin von Kurzzeit-Parteichef Ex-Kanzler Christian Kern gewählt. „Ich danke euch von jeder Faser meines Herzens“, freute sich die SPÖ-Chefin über das Ergebnis.
Sie versuchte der Partei, die in der Opposition noch nicht wirklich Tritt gefasst hat, Mut zu machen: „Wir werden wieder nach vorn kommen. Ich werde mit größter Entschlossenheit dafür kämpfen, dass wir wieder stärkste politische Kraft in diesem Land werden und ich mit eurer Unterstützung die erste Bundeskanzlerin dieser Republik werde. Sie „renne für bessere Lebensumstände“ und sie „renne für die Jungen und die Alten“. „Jede einzelne Stimme von euch ist mein Benzin zum Rennen.“
Von 645 Wahlberechtigten haben 91,94 Prozent ihre Stimme abgegeben. Bestätigt wurden auch die 17 Stellvertreterinnen und Stellvertreter. Das schlechteste Ergebnis im Präsidium erzielte dabei der burgenländische Landeschef Hans Peter Doskozil mit 82,29 Prozent der Stimmen. Ebenfalls unter 90 Prozent blieb Wiens Bürgermeister Michael Ludwig mit 89,5 Prozent.
Im oberen Bereich
Die 97,8 Prozent für Pamela Rendi-Wagner beim SPÖ-Parteitag in Wels sind eines der besseren Ergebnisse bei einem Erstantritt. Der Bestwert stammt von Bruno Pittermann, der 1957 auf 99,6 Prozent kam. Werner Faymann wählten 98,4 Prozent bei seiner Premiere im Jahr 2008.
Freilich war Christian Kern vor zwei Jahren mit einem ähnlich guten Ergebnis wie Rendi-Wagner ausgestiegen. Ihn wählten 96,8 Prozent der Delegierten. Eine schwache Premiere hatte dagegen etwa Viktor Klima mit 90,2 Prozent. Franz Vranitzky musste sich mit 93,6 Prozent begnügen.
Rendi-Wagner „bereit“ für Verantwortung
Schon am Vormittag skizzierte Rendi-Wagner ihre eigenen Zukunftspläne und gab den Kurs für die Partei vor. „Ja, ich bin bereit“, sagte sie im Hinblick auf die Verantwortung als Parteivorsitzende. Sie wolle die „erste Kanzlerin“ des Landes sein. „Vor unseren Augen sind so viele, die sich im Stich gelassen fühlen“, so Rendi-Wagner, die wiederholt eine „Verbesserung der Lebensumstände“ für die Menschen forderte. „Um nichts anderes geht es uns.“
„Lieber Sebastian, was genau hast du gemacht?“
Neben eigenen Zielen und Vorstellungen teilte die künftige Parteichefin vor allem gegen die Regierung aus. Im Hinblick auf Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), seine Positionen in bisherigen Regierungen und das Thema Migration fragte sie: „Lieber Sebastian, was genau hast du in all diesen Jahren eigentlich gemacht?“
Sie warf ihm vor, er würde „beschreiben“, „kommentieren“ und „kritisieren“, aber als Politiker würde man „handeln und tun“ und die „Lebensumstände der Menschen verbessern“. Ringe sich Kurz dann doch einmal zu einer Entscheidung durch, sei diese falsch wie das Nein zum UNO-Migrationspakt.
Zwölfstundentag als „Husch-Pfusch-Gesetz“
Zum Zwölfstundentag sagte sie: „Es ist beschämend, den Zwölfstundentag mit einem ‚Husch-Pfusch-Gesetz‘ festzuschreiben, nur weil man sich vor Verhandlungen mit der Gewerkschaft fürchtet, weil man den Diskurs im Parlament nicht führen und sich dem Urteil der Experten entziehen will.“ Auch sonst kritisierte sie die Regierung mehrfach, so würden ÖVP und FPÖ etwa die Institutionen des Sozialstaats „ganz unverblümt“ angreifen.
Dass sich die Regierung weigere, eine Volksabstimmung zum Rauchen in der Gastronomie durchzuführen, nannte die geschäftsführende SPÖ-Vorsitzende „armselig“. Die Kassenreform sieht Rendi-Wagner als „Startschuss für eine schleichende Privatisierung unseres solidarischen Gesundheitssystems“.
Ende für Mehrwertsteuer auf Mieten gefordert
Die eigene Partei soll einen anderen Weg einschlagen. Die SPÖ sei die Partei für jene, die nicht „auf die Butterseite gefallen“ seien, sondern jeden Tag kämpfen müssen, so Rendi-Wagner, die aber gleichzeitig ein Leistungsbekenntnis ablegte. Ihre eigene Biografie könne hier als Beispiel stehen. Allerdings müsste allen auch die Möglichkeit gegeben werden, Leistung zu bringen. Dafür brauche es mehr Geld für Brennpunktschulen, den flächendeckenden Ausbau der Ganztagsschulen und vieles mehr.
Rede von Pamela Rendi-Wagner
In ihrer Antrittsrede gibt Pamela Rendi-Wagner den Kurs für die Zukunft der SPÖ vor. Sie sei „bereit“, Verantwortung als Parteivorsitzende zu übernehmen. Sie übt auch scharfe Kritik an der Arbeit der Regierung.
Einen neuen Vorschlag brachte die künftige SPÖ-Chefin zur Wohnpolitik ein. Ginge es nach Rendi-Wagner, soll es künftig keine Mehrwertsteuer mehr auf Mieten geben. Damit würde mehr als eine Miete pro Jahr eingespart werden.
Rendi-Wagner dankt Kern
In Richtung ihres Vorgängers sagte sie: „Lieber Christian, danke, dass du mir vor zwei Jahren die Möglichkeit gegeben hast, gestaltend in die Politik einzutreten“, so Rendi-Wagner. „Du hast mir diese Chance eröffnet, und das werde ich dir nie vergessen.“ Sie sei „überzeugt, egal wo dich dein Weg hinführt“, dass Kern „unsere Werte weitertragen“ werde. Daraufhin gab es Standing Ovations für den Ex-Parteichef.
Am Nachmittag lobte Kern dann Rendi-Wagner. In seiner Abschiedsrede bezeichnete er die neue Parteichefin als „wandelnde Kampfansage“. Niemand sei besser geeignet für diese Aufgabe als sie. Kern freue sich schon jetzt auf Fernsehduelle von Rendi-Wagner mit Kanzler Kurz und Vizekanzler Strache.
Migration: „Humanität und Ordnung“
Beim Thema Migration sagte Rendi-Wagner in ihrer Rede: „Unser Ansatz ist Humanität und Ordnung“. Man bekenne sich „uneingeschränkt“ zur Genfer Flüchtlingskonvention und zur humanitären Verpflichtung, Geflüchteten vor Terror und Gewalt Schutz zu bieten. Sie sagte aber auch, dass „vor Ort“ immer „am besten geholfen“ werden könne. Das würde zwar viel kosten, aber „immer noch weniger als die Bankenrettung der vergangenen Jahre“.
„Ich bin Feministin“
Kurz vor Ende ihrer gut einstündigen Rede sagte sie: „Ich bin Feministin“, und das solle jeder, der sie am Samstag wähle, wissen. Sie skizzierte unter anderem Ideen zu Teilzeitarbeit für Frauen – so soll sich jede Frau entscheiden können, ob sie Teilzeit arbeiten wolle – aber nicht dazu gezwungen sein.
Parteiprogramm angenommen
Die SPÖ nahm zum Abschluss des ersten Tages auch ihr neues Parteiprogramm sowie den inhaltlichen Leitantrag an. Gefordert wird darin etwa eine Arbeitszeitverkürzung auf (im Endausbau) 30 Stunden. Beim Parteiprogramm gab es eine einstellige Zahl an Ablehnungen, der inhaltliche Leitantrag wurde ohne eine einzige Wortmeldung einstimmig angenommen.
Als Ziel im Parteiprogramm wird „ein gutes Leben für alle“ vorgegeben. Das soll etwa über eine gerechtere Verteilung des Wohlstands und einen leistungsfähigen Sozialstaat, der auch mit Hilfe einer Wertschöpfungsabgabe mitfinanziert wird, geschehen. Neue Arbeitsformen müssten abgesichert werden, die Vollbeschäftigung nötigenfalls auch mittels öffentlich finanzierter Arbeitsplätze erreicht werden. Die Arbeitszeit soll sinken.
Lebenslanges Lernen
Die Pensionen sollen gesichert werden, die Mindestsicherung muss ein würdevolles und angstfreies Leben ermöglichen. Ein Fokus wird auch auf Bildung und Umwelt gelegt. Bildung wird auch über lebenslanges Lernen definiert, Hochschule und Forschung verdienten mehr Mittel.
1.700 Euro steuerfreier Mindestlohn
Konkreter wird der inhaltliche Leitantrag des Parteitags, dem am Sonntag noch einer zu Europafragen folgen wird. Was die Arbeitszeit angeht, soll es in einem ersten Schritt auf 35 Stunden runtergehen. In weiterer Folge sollen es nur noch 30 Stunden sein. Dazu kommt der Wunsch nach leichterer Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche. Als Mindestlohn stellt man sich 1.700 Euro steuerfrei vor.
Wieder beleben wollen die Sozialdemokraten auch die Wiedereinführung der Ausbildungsgarantie sowie der Aktion 20.000 für Langzeitarbeitslose und das Integrationsjahr für Asylwerbende. Steuerlich ist die Erbschafts- und Vermögenssteuer dabei. Weiter wollen die Sozialdemokraten eine Art Wertschöpfungsabgabe vulgo Robotersteuer.Polizei und Heer sollen ausreichend finanziert und ordentlich ausgerüstet werden. Umweltpolitisch will die SPÖ Österreich bis 2040 CO2-neutral machen.
Weichenstellung für EU-Wahl
Zum Abschluss ihres Parteitags in Wels wählt die SPÖ am Sonntag die Kandidatenliste für die Europawahl. An der Spitze stehen wird der frühere Klubchef Andreas Schieder. Für Unmut hatte im Vorfeld gesorgt, dass Landeshauptmann-Sohn Luca Kaiser aus der erfolgreichen Kärntner Landespartei an unwählbarer Stelle platziert wurde. Trotzdem ist mit einer großen Mehrheit für die Liste zu rechnen.
Neues Parteistatut und Kriterienkatalog
Ferner am Programm steht das neue Parteistatut, das nach einer Mitgliederbefragung noch einmal überarbeitet wurde und nun doch weniger Rechte für die Basis bringt als geplant. So kann von den Parteimitgliedern über Koalitionsabkommen nur abgestimmt werden, wenn das der Vorstand beschließt. Schließlich kommen auch noch über 100 weitere Anträge der Teilorganisationen und des Vorstands zur Abstimmung, die wohl brisantesten davon sind das neue Migrationspapier der Partei sowie der Kriterienkatalog zu künftigen Koalitionspartnern.
Im Nationalrat ist gestern Abend die Pensionserhöhung für das kommende Jahr beschlossen worden – unter heftigem Protest der Oppositionsparteien gegen den von ÖVP und FPÖ eingebrachten Abänderungsantrag, mit dem die Sozialministerin ermächtigt wird, „Vorbereitungshandlungen“ auf noch gar nicht beschlossene Gesetze zu tätigen.
Die ans Ende des Plenartages verlegte Abstimmung brachte eine ÖVP-FPÖ-Mehrheit für die Pensionsanpassung für das Jahr 2019. Ebenso mit Regierungsmehrheit wurde der vonseiten der Oppositionsparteien SPÖ, NEOS und Jetzt schärfstens kritisierte Abänderungsantrag beschlossen.
Harsche Kritik am Vorhaben von ÖVP und FPÖ
Kurz vor der Abstimmung am Ende des Plenartages nutzten die Oppositionsabgeordneten den letzten Tagesordnungspunkt (zur gemeinnützigen Wohnungswirtschaft) für harsche Kritik am Vorhaben der Regierungsfraktionen. Dieses sieht vor, im Bereich der Sozialversicherungsgesetzgebung die Sozialministerin zu ermächtigen, „Vorbereitungshandlungen“ auf noch gar nicht beschlossene – sondern erst in parlamentarischer Behandlung stehende – Gesetze im Bereich der Sozialversicherung eigenständig vorzunehmen.
„Hier wird ein vorsätzlicher Verfassungsbruch gemacht“, sagte SPÖ-Abgeordneter Alois Stöger unter lautem Zwischenrufen aus den Reihen der ÖVP- und FPÖ-Abgeordneten. Eine derartige Änderung würde eine Gesamtänderung der Verfassung bedeuten und dafür brauche es nicht nur eine Zweidrittelmehrheit, sondern sogar eine Volksabstimmung, so Stöger. „Solche Schritte, die sie da machen, haben zur Auflösung des Parlaments geführt“, sagte Stöger.
Kritik gab es auch von NEOS-Vizeklubobmann Nikolaus Scherak: „Das ist ein direkter Angriff auf die Demokratie“, sagte er. Jetzt-Abgeordneter Peter Pilz betonte, es habe Derartiges seiner Meinung nach in Österreich „noch kein einziges Mal gegeben“ und appellierte an die Regierungsfraktionen, die Verfassung zu beachten.
Empörung bei ÖVP-Klubchef Wöginger
ÖVP-Klubobmann August Wöginger wies die Vorwürfe empört zurück und betonte, es gehe lediglich darum, dass die Sozialversicherungsträger dazu verpflichtet werden, auf Verlangen der Aufsichtsbehörde innerhalb von zwei Wochen die Zahl der pflichtversicherten Dienstnehmer zu einem bestimmten Stichtag in der vom Sozialministerium geforderten Form zur Verfügung zu stellen.
FPÖ-Klubchef Walter Rosenkranz warf der Opposition vor, den Entwurf falsch zu deuten. „Wir gehen mit der Demokratie sorgfältig um“, ebenso mit der Verfassung, betonte er.
Einen Ordnungsruf von Bures handelte sich ganz zum Schluss noch SP-Abgeordneter Hannes Jarolim ein. Während des Abstimmungsvorgangs rief er quer über die Abgeordnetenreihen in Richtung FPÖ und ÖVP: „Willkommen im Ständestaat.“