Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl fordert von der Regierung eine Ausbildungsoffensive statt Verschärfungen der Zumutbarkeitsbestimmungen. Beim Arbeitslosengeld sind 70 Prozent des vorigen Verdiensts für sie das Minimum, dann wäre man auch über eine degressive Leistung gesprächsbereit. Teilzeit will Anderl u.a. über eine Änderung des Durchrechnungszeitraums neu gestalten, wie sie gegenüber der APA betonte.
Teilzeitkräfte „Spielball“ der Arbeitgeber
Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) hatte zuletzt als eine Möglichkeit, den Arbeitskräftemangel zu bekämpfen, eine Aufstockung der Arbeitszeit vor allem bei Frauen genannt. Das stößt der Arbeiterkammer-Chefin sauer auf. Denn sehr viele Frauen würden verzweifelt versuchen ihre Teilzeit aufstocken, bekämen von den Dienstgebern aber keine Chance dafür.
Denn die Teilzeitkräfte seien oft „Spielball der Wirtschaft“. Das heißt, sie würden voll arbeiten und erst dann, wenn es dem Arbeitgeber gerade recht sei, frei bekommen. Die Durchrechnungszeiträume seien viel zu lange. Überstunden müssten als solche auch tatsächlich ausbezahlt werden.
Besseres Umfeld in Job statt schärferer Zumutbarkeit
Von einer Veränderung der Zumutbarkeitsbestimmungen für Arbeitslose hält Anderl gar nichts, seien diese in Österreich doch scharf genug. Vielmehr müssten Arbeitgeber selbst Rahmenbedingungen ändern, um Personal bekommen. So seien in Teilen der Gastronomie die Umstände „katastrophal“.
Auch bei der Pflege gehe es nicht nur um Geld sondern auch um Planbarkeit der Dienste oder die Möglichkeit, sich ausreichend um die Patienten zu kümmern. Geht es nach Anderl, müsste die Regierung gerade in diesem Bereich eine Personaloffensive starten. Auch bei den Kinderbetreuungseinrichtungen sieht sie Handlungsbedarf.
Anderl nennt Untergrenze bei degressivem Arbeitslosengeld
Was das von Kocher erwogene degressive Arbeitslosengeld angeht, betont Anderl, dass die Arbeiterkammer nie abgeneigt gewesen sei. Die entscheidende Frage sei, wo man anfange und wo man aufhöre. 70 Prozent Nettoersatzrate, was eine deutliche Erhöhung zum Ist-Zustand wäre, ist für die AK-Chefin das Minimum. Die jetzige 55-prozentige Rate dürfe aber auch bei einem degressiven Modell keinesfalls unterschritten werden.