Kern will Beschluss mit Grünen und ÖVP
Auf Einladung von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) haben sich am Dienstag Vertreter aller sechs Parteien im Parlament getroffen, um über die Baustellen der Regierung zu sprechen und zu sondieren, welche Materien noch in dieser Legislaturperiode beschlossen werden können. Ein zentrales Thema war der Beschluss der Bildungsreform.
Auch eine Entscheidung hinsichtlich des Neuwahlbeschlusses wurde verkündet. Dieser soll bei einer Nationalratssondersitzung am 13. Juli gefasst werden. Damit kann der Eurofighter-U-Ausschuss bis inklusive 12. Juli tagen. Offizielles Tagungsende des Nationalrats wäre somit der 17. Juli. Die vorgezogene Nationalratswahl soll am 15. Oktober stattfinden.
Kern fordert Bewegung von ÖVP
Mehrere Appelle gab es im Anschluss der Gespräche in Sachen Bildungsreform. Kern drängte Noch-Koalitionspartner ÖVP auf einen Beschluss. Die notwendige Zweidrittelmehrheit könnte mit den Grünen hergestellt werden, hierzu müsste sich jedoch die ÖVP bewegen, erklärte Kern im Anschluss an das heutige Sechsparteiengespräch im Parlament gegenüber Journalisten.
Die Grünen wollen bei der Bildungsreform eine bundeslandweite Modellregion in Vorarlberg. Im Bildungsreformpaket ist allerdings eine Obergrenze von 15 Prozent der Schulen bzw. Schüler pro Bundesland geplant. Als Kompromiss schlug der grüne Vertreter Albert Steinhauser vor, dass die 15 Prozent über das gesamte Bundesgebiet gelten - womit ein einzelnes Bundesland vorpreschen könnte.
Schieder erwartet „mehr Bereitschaft“
In der SPÖ kam das gut an, wie Klubchef Andreas Schieder feststellte. Grundsätzlich sei es „gut gewesen“, sich mit allen Parteien auszusprechen, so Schieder nach dem Termin im Parlament. Beim Thema Bildung zeigte er sich jedoch „etwas enttäuscht“, habe er sich hier doch eine „klare Marschrichtung“ vorgestellt.
Der SPÖ-Klubobmann erwartet sich nun „mehr Bereitschaft“ der ÖVP für den Vorschlag der Grünen, andernfalls werde die Reform scheitern. Er ortet beim Noch-Koalitionspartner überhaupt eine Präferenz, die Bildungsreform mit den Freiheitlichen zu beschließen. Auf die Frage, ob die ÖVP hier bremse, meinte Schieder: „So kann man’s auch sagen.“
Nicht-Beschluss laut Kern „Fehler“
Kern stellte ebenfalls der ÖVP die Rute ins Fenster, hätten die Grünen doch einen „sehr guten Vorschlag“ gemacht. Die Grünen hätten sich bewegt, dazu sei auch die SPÖ bereit und dies sei nun auch von der Volkspartei gefordert. Kern bezeichnete es als „Fehler“, würde die Bildungsreform jetzt nicht vor der vorgezogenen Nationalratswahl im Herbst beschlossen.
Das Paket sei fertig und könnte aus seiner Sicht sowieso heute Abend finalisiert werden. Die ÖVP werde sich daher „schwertun“, zu erklären, warum sie die Reform nicht beschließe, meinte der Kanzler. Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) soll nun jedenfalls weitere Verhandlungen führen.
Kurz spielt Ball zu Grünen und FPÖ
Der designierte ÖVP-Obmann Sebastian Kurz spielte bei der Bildungsreform den Ball zu den Oppositionsparteien Grüne und FPÖ. Von ihnen hänge es ab, ob eine Zweidrittelmehrheit zustande kommt. Mit wem es „leichter geht“, wollte er nicht beurteilen. Es gebe nun neue Texte aus dem Ministerium, die von ÖVP-Seite geprüft werden.
Allgemein bekräftigte Kurz, dass die ÖVP die SPÖ nicht überstimmen werde. Sollten jedoch die Roten dies tun, gelte dies nicht mehr. Aus seiner Sicht geht es nun darum, noch Punkte aus dem Regierungsprogramm abzuarbeiten und dabei aber auf das Budget zu schauen. Auch er zeigte sich bei einigen Themen optimistisch, einen Beschluss zustande zu bekommen - auch was die kalte Progression anbelangt.
Grüne wollen weiterverhandeln
Grünen-Vertreter Steinhauser meinte hingegen, ob die nötige Verfassungsmehrheit bei der Bildungsreform zustande kommt, hänge viel eher von SPÖ und ÖVP ab. „Es geht nicht, dass einer sagt, der muss sich bewegen, und der andere lehnt sich zurück.“ Steinhauser sieht noch „viele Details“ offen und will daher weiterverhandeln. Er betonte auch, dass die Modellregion in Vorarlberg mit der dortigen ÖVP vereinbart sei.
Wenig euphorisch war im Anschluss auch FPÖ-Mandatar Harald Stefan. Er sprach wie bereits im Vorfeld des Termins von einer „Inszenierung, um Geschäftigkeit vorzutäuschen“. Es wurden die bekannten Themen „abgeklopft“. Zur Bildungsreform hielt er fest, dass die Freiheitlichen gegen Modellregionen sind, diese sollten ganz wegfallen oder zumindest reduziert werden. Die geplanten Bildungsdirektionen hält er für ein „Verschieben der Bürokratie“.
NEOS-Chef Matthias Strolz forderte die „Kurz-ÖVP“ nach der Sitzung auf, ihre „Blockade“ in Sachthemen aufzugeben. Als Beispiele nannte er die Gewerbeordnung und die Bildungsreform: „Ich glaube nicht, dass die Menschen dafür Verständnis haben, dass hier das Parlament über fast ein halbes Jahr blockiert werden soll.“ Team-Stronach-Klubchef Robert Lugar ortet zumindest eine Bereitschaft zum Gespräch: „Der Wille ist da.“ Es sei aber noch eine „lange Latte“ an Themen offen.
SPÖ-Ländervertreter kritisieren Kurz
Ländervertreter der SPÖ schossen sich indes in Sachen Bildungsreform auf Kurz ein. Hans Niessl, Landeshauptmann des Burgenlands, warf ihm und der ÖVP Blockadepolitik vor. Laut Niessl liege ein Paket vor, das die Bildung in Österreich zeitgemäßer machen würde. Kurz wolle aber offenbar lieber eine „Schule des Stillstandes“. Dabei fühle sich Niessl an eine Blockade der Bildungspolitik unter Schwarz-Blau erinnert.
Auch der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser sprach von einer „unerträglichen Fopperei auf dem Rücken unserer Kinder, Jugendlichen und zukünftiger Generationen“. Kurz müsse endlich Farbe bekennen und für weitere Gespräche zeigen, ob er sich tatsächlich gegen die Standesdünkel-Politik der ÖVP durchsetzen kann oder nicht. Kritik kam auch vom Wiener Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ). Die ÖVP bringe die Bildungsreform mit ihrer alten, verkrusteten Ideologie de facto zum Scheitern, meinte Czernohorszky.
Auch Amtsgeheimnis und Gewerbeordnung Themen
Optimistisch zeigte sich Kern auch beim Thema Gewerbeordnung, wo er eine „klare Mehrheit“ erwartet. Kommende Woche soll auch wieder ein Ministerrat stattfinden, in dem etwa Formalia und Termine beschlossen werden sollen.
Von den Grünen sei im Gespräch auch das Thema Amtsgeheimnis vorgebracht worden. Dieses sei zuletzt ins Stocken geraten, man habe sich daher auf weitere Verhandlungen verständigt, erklärte Kern weiters. Was die Studienplatzfinanzierung anbelangt, forderte der SPÖ-Chef von der ÖVP ein Konzept.