Treffen um drei Wochen vorverlegt
Die Wiener SPÖ hat am Montag ihre Gremien zusammengetrommelt. Was konkrete Inhalte betrifft, gibt man sich bedeckt. Die Sitzungen stehen auch unter dem Eindruck der lauten Proteste gegen Bundesparteichef Werner Faymann bei der Feier zum 1. Mai am Sonntag.
Faymann war bei seiner Rede vor dem Wiener Rathaus ausgebuht worden. Konkret tagen Präsidium, Vorstand und Wiener Ausschuss. Dieses größte Gremium umfasst rund 160 Mitglieder und besteht neben der Parteispitze auch aus Vertretern der Bezirke und Vorfeldorganisationen. Die Treffen wurden kurzfristig vorverlegt, sie hätten eigentlich erst in drei Wochen stattfinden sollen.
„Offenbar Gesprächsbedarf“
Es gebe keine offizielle Agenda, sagte ein Parteisprecher, als Krisensitzung will man die Sache jedenfalls nicht verstanden wissen. Vorverlegt habe man den Termin deshalb, „weil es offenbar Gesprächsbedarf gibt“. Die Sitzungen sind nicht medienöffentlich, offen ist, inwieweit allfällige Ergebnisse danach kommuniziert werden sollen.
Erörtert werden bei den Sitzungen aber wohl die in den vergangenen Tagen öffentlich ausgetragenen Konflikte über die Positionierung gegenüber der Bundespartei - Stichwort Flüchtlingskurs - und damit auch das Verhältnis zu Faymann. Das verheerende Ergebnis bei der Bundespräsidentschaftswahl wird wohl ebenfalls für Gesprächsstoff sorgen.
Wie künftig umgehen mit der FPÖ?
Zudem dürfte auch der auf 9. Mai vorgezogene Parteivorstand der Bundes-SPÖ, in dem u. a. der Umgang mit der FPÖ besprochen werden soll, ein Thema sein, war aus der Rathaus-SPÖ zu hören, wobei hier Bürgermeister und Landesparteivorsitzender Michael Häupl erst am Sonntag im Zuge seiner 1.-Mai-Rede klarmachte, dass aus Wiener Sicht weiterhin keine Zusammenarbeit mit den Blauen denkbar sei.
Allerdings werden auch hier die Rufe nach einer Kursänderung in der SPÖ lauter. ÖGB-Präsident Erich Foglar bezeichnete es im aktuellen „profil“ als „notwendig“, über eine Neudefinition des Verhältnisses zu reden. „Man kann die 35-Prozent-Hofer-Wähler nicht ins rechte Eck rücken“, wurde er in einer Aussendung des Nachrichtenmagazins vom Samstag zitiert.
Viele der Menschen, die bei der Bundespräsidentenwahl für den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer stimmten, seien ehemalige SPÖ-Wähler, so Foglar weiter, „und verstehen schon lange nicht mehr, warum ihre demokratische Entscheidung nicht akzeptiert wird“. Die SPÖ müsse ihren Beschluss gegen jedwede Koalition mit der FPÖ überdenken. „Wir können nicht jede Regierungszusammenarbeit mit der FPÖ von vornherein ausschließen“, so Foglar, der sich im Klaren darüber ist, dass diese Diskussion „eine ziemliche Zerreißprobe für die SPÖ“ werde.
Oberhauser: Realität sieht anders aus
Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser, die auch stellvertretende Parteichefin der SPÖ ist, hatte bereits vor einigen Tagen in der ZIB2 eine ähnliche Debatte in den Raum gestellt. „Wir haben einen gültigen Beschluss, der heißt: keine Koalition mit der FPÖ. Die Realität schaut anders aus. Ich bin dafür, wir diskutieren das intern.“ Der frühere SPÖ-Finanzminister Hannes Androsch legte seiner Partei das ebenfalls ans Herz: „Man kann nicht den Gemeindebau als Nazi-Hochburg abstempeln“, sagte er der „Kleinen Zeitung“. In der ZIB2 am Freitag ergänzte er: „Abgrenzen ja, ausgrenzen nein“ solle die rote Linie gegenüber den Blauen sein.
Flüchtlingslinie entzweit
Auch der Kurs in der Flüchtlingskrise entzweit die Partei. Während die Wiener Flächenbezirke den restriktiven Kurs von Faymann mehrheitlich unterstützen, setzen hauptsächlich Innenbezirke auf eine konsequente Willkommenshaltung. Zuletzt hatten einander SPÖ-Klubmitglieder sogar öffentlich Rücktrittsaufforderungen und Profilierungssucht vorgeworfen, was Häupl und den Wiener Landesparteisekretär Georg Niedermühlbichler zu Statements veranlasste, um sich gegen „konstruierte Spaltungsfantasien“ zu verwehren.
Am 1. Mai wurden auch hier die Gräben innerhalb der Wiener Partei sichtbar. Während etwa die Genossen aus Simmering und Liesing - Faymanns Heimatbezirk - Taferln mit „Werner, der Kurs stimmt!“-Parole mitbrachten, ließ beispielsweise die Margaretner Bezirksorganisation, wo die Stadträtinnen Sandra Frauenberger und Renate Brauner verankert sind, „Anstand statt Notstand“ auf ein Transparent schreiben.