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Regierung vertagt Integrationspaket

Wie bereits erwartet, ist die Regierung heute ohne ihr im September angekündigtes Integrationspaket in den Ministerrat gegangen. Mangels Einigung gab es stattdessen einen Zwischenbericht über die bisherigen Maßnahmen - etwa den Ausbau der Deutsch- und Wertekurse. „Ein gewisser Schritt ist gelungen“, meinte Kanzler Chrisitan Kern (SPÖ) denn auch im Vorfeld.

Im Zwischenbericht verweist die Koalition auf die bis 2017 zur Verfügung stehenden 58.400 Deutschkurse sowie bis Ende 2016 durchgeführte 13.000 AMS-„Kompetenzchecks“ für Flüchtlinge. Das eigentlich angekündigte Integrationspaket konnte die Regierung aber nicht vorlegen. Die zuständigen Politiker Muna Duzdar (SPÖ) und Sebastian Kurz (ÖVP) sehen hier noch weitere Gespräche nötig.

Zuverdienstgrenze zu Grundversorgnung nach wie vor strittig

Strittig ist unter anderem, wie viel Geld Asylwerber durch Arbeiten in der jeweiligen Gemeinde zur Grundversorgung dazuverdienen dürfen. Während ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka einmal mehr auf eine monatliche Grenze von 110 Euro pochte, wollen Duzdar und die Bundesländer den Betrag auf 200 Euro anheben.

Ebenfalls strittig ist der maximal zulässige Stundenlohn, wobei Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hier den Wunsch der SPÖ, die Entscheidung den Bürgermeistern zu überlassen, als „eine Option“ sieht. Niemand dürfe „zum Nichtstun verdammt“ werden, so Kanzleramtsstaatssekretärin Duzdar.

Kurz für Ein-Euro-Jobs für Flüchtlinge

Außenminister Kurz pochte namens der ÖVP einmal mehr auch auf Ein-Euro-Jobs für anerkannte Flüchtlinge in der Mindestsicherung sowie auf ein Verbot von „Symbolen der Gegengesellschaft“ (Vollverschleierung, Koranverteilung durch Salafisten): „Da muss die SPÖ noch über ihren Schatten springen.“

Eine neue Deadline für eine Einigung nannte die Regierung nicht. Um das Integrationsthema kümmern soll sich nun allerdings eine größere Arbeitsgruppe, der neben Kurz und Duzdar auch die Regierungskoordinatoren Thomas Drozda (SPÖ) und Harald Mahrer (ÖVP) sowie Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) und Innenminister Sobotka angehören sollen.

Das eigentlich nach der Regierungssitzung vorgesehene „Debriefing“ für die Medien wurde abgesagt, wobei Drozda betonte, dass das nichts mit der nicht gelungenen Integrationseinigung zu tun habe. Vielmehr habe man Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) nicht vorgreifen wollen: „Der heutige Tag steht im Zeichen der Budgeteinigung.“

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TTIP-Runde 15 endete Freitag geräuschlos in New York

Die Öffentlichkeitsarbeit wurde in dieser Runde fast auf Null zurückgefahren, um die Verabschiedung des ausverhandelten CETA-Abkommens nicht zu gefährden.

Während sich die öffentliche Diskussion in Europa gerade um das deutlich kleinere CETA-Abkommen mit Kanada dreht, ist die 15. Runde der TTIP-Verhandlungen in New York am Freitag völlig geräuschlos über die Bühne gegangen. Was Runde 15 von den früheren Verhandlungsrunden unterscheidet, ist das Schweigen der TTIP-Befürworter. Seitdem sich Verhandler durch den öffentlichen Druck gezwungen sahen, wenigstens die aktuellen Themen, die gerade verhandelt wurden, bekanntzugeben, gab es noch nie so wenig Informationen zu einer Runde.

Selbst über das "Stakeholder Briefing" zu Runde 15 wurde diesmal nichts verlautbart. Um den öffentlichen Druck zu mindern, waren diese öffentlichen Briefings in den Verhandlungsprozess eingeführt worden, sie waren seitdem jeweils für den dritten Verhandlungstag angesetzt. Angeblich hat auch in Runde 15 ein solches Briefing am Mittwoch stattgefunden, nur gibt es diesmal überhaupt keine Nachrichten darüber.

Denkbar geringer Informationsgehalt

TTIP wurde deshalb aus der Schusslinie genommen, um eine Mehrheit für das ausverhandelte CETA-Abkommen zu sichern. Danach wird man sich bei TTIP auf die CETA-Vereinbarung berufen können, CETA wird so als Trojanisches Pferd für TTIP benutzt.

 

Auch die bei jeder Verhandlungsrunde üblichen, offiziellen Fotostrecken von den Chefverhandlern Gabriel Garcia Bercero (EU) und Dan Mullaney (USA) waren diesmal auffällig absent. Was die Öffentlichkeitsarbeit angeht, so beschränkte man sich diesmal auf die übliche Abschlusspressekonferenz am Freitag, doch auch da war der Informationsgehalt denkbar gering. Offiziell bekanntgegeben wurde nur, was sich bereits seit mehreren Runden abgezeichnet hatte, nämlich dass die Verhandlungen nicht im Jahr 2016 abgeschlossen werden können.

Man werde sich bei den TTIP-Verhandlungen jedoch von den bevorstehenden Präsidentschaftwahlen in den USA nicht aus der Bahn werfen lassen, sondern "in der verbleibenden Zeit erreichen", was möglich sei, gab US-Verhandlungsführer Dan Mullaney in der Abschlusspressekonferenz bekannt. Beide Seiten wollten in den "kommenden Monaten noch so viele Fortschritte erzielen wie möglich", sagte Mullaney.

In den USA forderten hingegen die einflussreichen republikanischen Kongessabgeordneten Orrin Hatch und Kevin Brady einen raschen Abschluss der TTIP-Verhandlungen und ein "ambitioniertes Abkommen".

Schon wieder "sehr ermutigende Fortschritte"

Der europäische Chefverhandler Ignacio Garcia Bercero wiederum gab zum Abschluss "sehr ermutigende Fortschritte in einigen der Gebiete, die verhandelt werden", bekannt. So habe man sich im Bereich Pharma auf die wechselseitige Anerkennung von "guten Herstellungsprozessen" einigen können - was immer das auch zu bedeuten hat. Ansonsten hätten sich die Teams um die "Konsolidierung der Texte und die Eliminierung von bis jetzt existierenden Differenzen" bemüht.

Der Brief der beiden Kongressabgeordneten an Noch-Präsident Barrack Obama

So hätten die Verhandler viel Zeit dafür aufgewendet, um über "regulatorische Kohärenz und technische Hürden" in allen neun Bereichen zu diskutieren, die zu Beginn der Verhandlungen identifiziert worden waren: Autos, Pharma, Chemie, Kosmetik, Informationstechnologie, Pestizide, technische Services, medizinische Geräte und Textilien. Gegen den Strich gelesen, haben diese Äußerungen folgenden Informationsgehalt: Nach mehr als drei Jahren TTIP-Verhandlungen und 15 Runden ist kein einziges der 2013 definierten Verhandlungsfelder auch nur annähernd abgeschlossen.

Wie es mit CETA weitergeht

Die CETA-Petition an Christian Kern wird von vier unabhängigen Organisationen aus verschiedenen EU-Staaten getragen. 

Was CETA angeht, so ist der österreichische Bundeskanzler Christian Kern durch seine Kritik am Freihandelsabkommen CETA quasi aus dem Nichts zum temporären Hoffnungsträger der Kritiker aufgestiegen. Auf der Website der Bürgerrechtsorganisation Wemove.eu prasselten die Unterschriften zu einer Petition, dіe Kern dazu auffordert, bei CETA nicht nachzugeben, über das Wochenende nur so herein. Das ursprünglich angestrebte Ziel von 200.000 Unterschriften wurde schon bald nach oben auf 500.000 revidiert.


Public Domain - Grafik von Wemove.eu, einer der vier Bürgerrechtsorganisationen

Auch kanadische Organisationen zweifeln an der Rechtsgültigkeit der Zusatzerklärung - die "gemeinsame interpretative Deklaration"

Von den internationalen Beobachtern rechnet allerdings kein einziger damit, dass Kern dieses Freihandelsabkommen im Alleingang zu Fall bringen werde. Der Text der "gemeinsamen interpretativen Deklaration von Kanada und der Europäischen Union und ihren Mitgliedsstaaten zur umfassenden Wirtschafts- und Handelsvereinbarung CETA" war am Donnerstag zuerst auf der Website der "Kronen-Zeitung" aufgetaucht. Die Gültigkeit dieser fünfseitigen Erklärung, die erst am Mittwoch verfasst worden war und vor allem ihr Einfluss auf den Vertrag selbst steht allerdings arg in Zweifel.

Die Erklärung von Global 2000

In dieser Deklaration werde nur wiederholt, was ohnehin bereits im Vertrag stehe, hieß es seitens der Umweltschutzorganisation Global 2000. Das Kapitel 21 im CETA-Vertrag zur "Regulatorischen Kooperation" ist unter anderem dasjenige, das sich am stärksten auf Umwelt- und Verbraucherschutz-Standards auswirken wird. In den Zusatzerklärungen gebe es einen winzigen Absatz dazu, der nur wiederholen würde, was ohnehin schon im Vertrag stehe. Man könne hundertmal betonen, "dass Staaten ihr Recht auf Regulierung nicht verlieren, wenn in den jeweiligen Kapiteln Mechanismen verankert seien, die dieses Recht auf nationale Regulation torpedierten." Global 2000 weiter: "Um wirklich Standards zu wahren und zu verbessern, müsste das gesamte Kapitel der Regulatorischen Kooperation geändert werden". Zudem werde das europäische Vorsorgeprinzip nicht einmal alibihalber erwähnt.

Visegrad-Staaten forden Streichung des Agrarsektors

Zu allem Überfluss haben sich auch die sogenannten Visegrad-Staaten Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn zu Wort gemeldet und eine gemeinsame Erklärung zum Schutz ihrer Agrarsektoren verabschiedet. Die Einwände der EU-Kommission gegen das geplante Gesetz zum "Schutz der slowakischen Agrarwirtschaft" werden darin zurückgewiesen. Man könne die Auflage, dass nur Personen, die seit zehn Jahren slowakische Staatsbürger seien, Agrarland erwerben dürften, zwar streichen, aber sonst nichts. Die derzeitige Situation bevorzuge die großen Player, neuere EU-Mitglieder hätten hingegen "signifikante Teile ihrer Nahrungsmittelprodktion bereits verloren".

Wie es mit TTIP im Herbst weitergeht

Die Handelsminister von EU und USA wollen sich nach Aussage von EU-Verhandlungsführer Ignacio Garcia Bercero am 11. November - also drei Tage nach der US-Präsidentschaftswahl - erneut wegen TTIP treffen. Ziel sei es, die Gespräche mit der Nachfolgeregierung in den USA "zu einem geeigneten Zeitpunkt fortzusetzen."

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Registrierkassen: Umsetzung oft mangelhaft

In rund einem Fünftel der überprüften Fälle gibt es Mängel bei der Erfüllung der Registrierkassenpflicht. Das teilte Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) in einer Anfragebeantwortung an die Grünen mit. Knapp 1.600 Mal stellten die Behörden fest, dass für Barzahlungen keine Belege erstellt wurden.

Insgesamt führten die Behörden zwischen Jahresbeginn und Juli über 11.400 Nachschauen, Betriebsprüfungen und Umsatzsteuersonderprüfungen durch, um die neuen Regelungen zur Registrierkassenpflicht zu überprüfen. Von den steuerlich erfassten Unternehmen wurde also knapp ein Prozent geprüft. Seit dem dritten Quartal 2016 sind die Prüfungen nicht mehr vorher anzukündigen.

Kritik der Grünen: Auf die „Kleinen“ abgezielt

Aufgeschlüsselt nach Branchen zeigt sich, dass vor allem Restaurants und Gaststätten (über 1.000) betroffen waren, aber oft auch etwa Friseur- und Kosmetiksalons, Buffets und Imbissstuben, Kaffeehäuser, Taxis, Facharztpraxen, Hotels, Unternehmensberater, Kfz-Werkstätten, Bekleidungs-Einzelhandel, Auto-Einzelhandel und Nahrungs-Einzelhandel. Der Grüne Budgetsprecher Bruno Rossmann fühlt sich bestätigt, dass vorwiegend auf die „üblichen Verdächtigen“, die „Kleinen“, abgezielt werde.

Für die Kontrollen wurden unter anderem Branchen ausgewählt, bei denen „anzunehmen war, dass sie die Einführung der Registrierkassenpflicht aufgrund der vorhandenen Barumsätze besonders stark trifft“, erläuterte Schellings Ressort. „Unmut“ ruft bei Rossmann hervor, dass keine Kriterien für „Problembranchen“ genannt würden.

Keine Information über Strafen

Faktisch gilt die Registrierkassenpflicht erst seit Mai. Bei den zwischen Mai und Juli vorgenommenen Überprüfungen bestand bei 1.038 Unternehmen die Verpflichtung zur Führung einer Registrierkassa - bei 217 Fällen, also etwa 21 Prozent, wurden diesbezüglich Mängel festgestellt. Eine durchaus hohe Zahl, findet Rossmann, angesichts der „stümperhaften“ Umsetzung habe er aber ein gewisses Verständnis für Unternehmen, die mit dem Zukauf der Registrierkassen zugewartet hätten, wiewohl man im Sinne der Gerechtigkeit natürlich für eine lückenlose Aufzeichnung aller Umsätze sei.

Bereits seit Jahresbeginn gilt die Belegerteilungspflicht. Dass für Barzahlungen keine Belege erstellt wurden, stellten die Behörden in 1.589 Fällen fest. Ärgerlich findet der Grüne Budgetsprecher, dass er keine Auskunft erhielt, wie oft und in welcher Höhe Strafen verhängt wurden.

900 Mio. Euro Mehreinnahmen erwartet

Schelling bleibt bei der Einschätzung, dass die Maßnahmen rund um die Registrierkassenpflicht zu Mehreinnahmen von 900 Mio. Euro im Jahr 2016 führen werden: Die Berechnung sei „aufgrund fundierter Daten“ erfolgt, „daher besteht keine Veranlassung zur Änderung dieser Einschätzung“. „Der Finanzminister steht halt leider alleine da mit dieser Aussage“, sagte Rossmann.

Der Effekt der neuen Regelungen zeige sich im unmittelbaren Vergleich des Umsatzsteueraufkommens, so das Finanzministerium: Die Umsatzsteuereinnahmen stiegen demnach vom ersten Halbjahr 2015 (12,9 Mrd.) aufs erste Halbjahr 2016 (13,5 Mrd.) um knapp 527 Mio. Euro.

Rossmann: „Da will er uns für blöd verkaufen“

Die Umsatzsteuereinnahmen würden ohnehin von Jahr zu Jahr wachsen, auch ohne Registrierkassenpflicht, entgegnet Rossmann. Heuer führten die Effekte der Steuersenkung sogar zu noch mehr privatem Konsum. Die Schlussfolgerung des Ministers, die 527 Mio. als Indiz für die 900 Mio. Euro zu werten, sei „absurd“, so Rossmann. „Da will er uns für blöd verkaufen.“

Über eine Registrierkassa müssen Unternehmen ab einem Jahresumsatz von 15.000 Euro mit mehr als 7.500 Euro Barumsatz im Jahr verfügen. Im Juni wurden nach Protesten von Interessensvertretungen Erleichterungen für gemeinnützige Vereine und kleine Betriebe beschlossen. Für Firmen mit Umsätzen, die außerhalb von festen Räumlichkeiten erzielt werden, sowie Alm-, Berg-, Ski-und Schutzhütten gilt die Registrierkassenpflicht erst ab 30.000 Jahresumsatz.

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Gemeindetag: Mehr Geld für kleinere Gemeinden gefordert

Am Donnerstag hat in Klagenfurt der österreichische Gemeindetag begonnen. 2.500 BürgermeisterInnen und GemeindevertreterInnen treffen sich, um brisante Themen zu diskutieren. Die Gemeinden fordern mehr Geld, vor allem für kleinere Kommunen.

Im Vorfeld des Gemeindetages hatte der Gemeindebund heftige Kritik am Finnanzausgleich des Bundes geübt, also an der Verteilung der Steuergelder zwischen Bund, Ländern und den Gemeinden. Von den 80 Milliarden Steuern, die der Bund im Jahr einnimmt, bekommen alle Gemeinden zusammen 11,8 Prozent, also rund zehn Milliarden Euro. Mit diesem Geld müssen sie sämtliche Aufgaben - von der Kinderbetreuung bis zur Altenpflege - finanzieren. Wie viel Geld sie über den Finanzausgleich bekommen, hängt von der Zahl der Einwohner ab. Das trifft Kärntne besonders, weil hier die Einwohnerzahlen in den nächsten Jahren sinken werden.

Beim Verteilen der Steuergelder werde zu wenig Rücksicht auf die finanzielle Situation in den Gemeinden genommen, hieß es. Vier Bundesländer, darunter auch Kärnten, drohten, dem Finanzausgleich nicht zuzustimmen.

Resolution zum Finanzausgleich

Mit einer Resolution unter anderem zum Thema Finanzausgleich demonstrierte der österreichische Gemeindebund am Donnerstag bei einer Pressekonferenz vor der Eröffnung des Gemeindetages aber Einigkeit. Präsident Helmut Mödlhammer dementierte vor Journalisten in Klagenfurt, dass es ernsthafte Dissonanzen gegeben hätte: „Wir müssen schauen, dass die Probleme - vor allem im Bereich des Ostens und des Südens - durch mehr Mitteleinsatz auch vom Bund und den Ländern gelöst werden können.“

„Hilferuf“ an den Finanzminister

Der von vier Bundesländer-Bünden verfasste Brief an den Finanzminister sei ein „Hilferuf“ gewesen, so Kärntens Gemeindebundchef Peter Stauber (SPÖ). Es gebe aber keine Abspaltung. Kärnten habe zur Zeit besondere Probleme, sagte Stauber und nannte die Causa Hypo-Heta. Die Insolvenz sei zwar abgewendet, es würden aber hohe Kosten auf Land und Gemeinden zukommen.

Abwanderung in Kärnten ein Problem

Ein weiteres Problem sei die Abwanderung, sagte Stauber. „Wenn man jetzt die Pläne anschaut, dann werden wir in Kärnten die Verlierer sein.“ Das Hauptproblem sei die Abwanderung. „Wir haben als einziges Bundesland damit zu kämpfen, dass wir keine Zuwächse bei der Bevölkerung haben, sondern eine Abnahme. Das bringt auch finanzielle Nachteile, weil wir weniger Ertragsanteile bekommen“, so Stauber. Immer schwieriger sei es vor allem für die kleinen Gemeinden die Infrastruktur aufrecht zu erhalten.

Fonds für finanzschwache Gemeinden gefordert

Die Gemeinden würden viel für die Gemeinschaft leisten, so die Vertreter der Kommunen. Straßen, öffentliche Einrichtungen, aber auch Pflege, Kinderbetreung und Mindestsicherung verursachen hohe Kosten. In der Resolution des Gemeindebundes wird ein einfacherer und gerechterer Ausgleich gefordert.

Für struktur- und finanzschwache Gemeinden solle vom Bund extra ein Fonds mit 500 Millionen Euro eingerichtet werden, sagte Gemeindebundpräsident Mödlhammer. Stauber dazu: „Er [der Fonds, Anm. d. Red.] soll nicht durch Ertragsanteile, die den Gemeinden zustehen, finanziert werden, denn das würde dann den anderen Gemeinden wieder weggenommen werden durch eine Umverteilung.“ Vom Bund werde daher zusätzliches Geld gefordert.

Ob sich dieser Wunsch umsetzen lässt, ist offen. In den bisherigen Verhandlungen zum Finanzausgleich lehnte der Finanzminister die zusätzlichen Millionen für die Gemeinden ab.

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Bundeskanzleramt „prüft“ CETA-Zusatzerklärung

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) will die Zusatzerklärung zum Handelsabkommen der EU mit Kanada (CETA) „jetzt nüchtern analysieren“. Das Papier selbst umfasse zwar nur vier Seiten, entscheidend sei aber das Zusammenspiel mit dem Vertrag, denn dort seien viele Dinge zu unklar formuliert, sagte Kern heute im Bundesrat.

Kern verteidigte seinen CETA-Kurs gegen Kritik der Ländervertreter. Er habe versucht, das Bestmögliche aus der Situation zu machen. Man müsse sich überlegen, „was für ein Druck auf Österreich laste, wenn wir dagegen sind“, sagte Kern. „Das ist kein Kinderfasching“, es gehe um globale Interessen. Er erinnerte daran, dass zu CETA bis vor wenigen Monaten keine Abstimmungen in den nationalen Parlamenten geplant waren.

„Billiger“ Vorwurf der „Schuldenmacherei“

Der nun ausverhandelte Zusatztext sei jedenfalls nicht als Vorwort zu verstehen, sondern eine bindende Erklärung, die mitunterzeichnet werden müsse, so Kern. Bundesrat David Stögmüller (Grüne) hatte Kern vorgeworfen, bei CETA umgefallen und auf den Kurs von Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) eingeschwenkt zu sein.

Zur Budgetrede von Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) nächsten Mittwoch sagte Kern, das Ziel müsse sein, die Schuldenquote auf 80 Prozent oder darunter zu senken. Dem Vorwurf der „Schuldenmacherei“ trat er entgegen. „Das ist mir ein bisschen zu billig“, erklärte Kern, der auf das fehlende Wirtschaftswachstum der vergangenen Jahre und auf die Bankenrettungsprogramme - Stichwort Hypo - verwies.

Scharfer Clinch mit FPÖ-Bundesrat

Den Bundesrat Hans-Jörg Jenewein (FPÖ), der Kern zuvor lautstark kritisiert hatte, bat Kern, „schöne Grüße an die Kollegen Dobernig und Rumpold“ auszurichten. „Sie wissen ja, wo sie in den nächsten Jahren anzutreffen sein werden.“ Der ehemalige freiheitliche Landesrat Harald Dobernig sowie der Ex-FPÖ-Bundesgeschäftsführer Gernot Rumpold wurden kürzlich - unabhängig voneinander - zu zwei Jahren bzw. 33 Monaten teilbedingter Haft verurteilt. Beide Urteile sind mittlerweile rechtskräftig.

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Zwölf-Stunden-Tag: Für Kern nicht notwendig

„Nicht auf Kosten der Arbeitnehmer“

SPÖ-Chef und Bundeskanzler Christian Kern hat sich am Montag gegen Arbeitszeitregelungen „auf Kosten der Arbeitnehmer“ ausgesprochen. Damit reagierte er auf den Vorstoß von Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) für eine gesetzliche Höchstarbeitszeit von zwölf Stunden täglich in Betrieben mit Gleitzeit.

Kern sagte in der ZIB1 des ORF-Fernsehens, bei Arbeitszeitregelungen gebe es einerseits „Notwendigkeiten“, die aus der Wirtschaft kämen, aber auch „Schutzinteressen von den Arbeitnehmern“. Aufgabe sei es jetzt, der Wirtschaft zu ermöglichen, hier gute Bedingungen zu finden, „und das nicht auf Kosten der Arbeitnehmer“.

Mitterlehner sieht Vorteile für beide Seiten

Mitterlehners Forderung nach flexibleren Arbeitszeiten bezieht sich laut Ministeriumsaussagen auf die im aktuellen Regierungsprogramm vorgesehene Lösung. Überstunden würden auch in Zukunft wie bisher gezahlt, wurde am Montagabend seitens des Kabinetts von Mitterlehner klargestellt. Die Ausweitung der maximalen Höchstarbeitszeiten solle nur dann gelten, wenn ohnedies Gleitzeit vereinbart sei. Mitarbeiter würden bei einer Arbeitszeitflexibilisierung durch mehr Jobsicherheit und längere Freizeitblöcke profitieren, weil die Wochenarbeitszeit gleich bliebe.

Bundeskanzler Kern für Umdenken bei Sparkurs

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) setzt wirtschaftspolitisch einen anderen Schwerpunkt als Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Es gebe auch „Schutzinteressen von den Arbeitnehmern“, so Kern.

„Arbeiten, wenn die Arbeit anfällt“

Mitterlehner hatte sich bereits Montagvormittag in einer Pressekonferenz für die gesetzliche Verankerung einer Höchstarbeitszeit von zwölf Stunden täglich ausgesprochen, sofern es in einem Betrieb eine Gleitzeitvereinbarung gebe.

Das sei weder eine Verpflichtung, dass jeder zwölf Stunden arbeiten müsse, noch ein Anschlag auf die Rechte der Arbeitnehmer, sondern würde nur sicherstellen, „dass wir mit Gleitzeitmodellen dann arbeiten sollen, wenn die Arbeit anfällt, und nicht zu anderen Zeitpunkten“. „Wenn wir dort nicht weiterkommen, dann haben wir für den Standort nicht das Wirkliche erreicht. Ich möchte die Latte gleich jetzt relativ hoch legen“, so der ÖVP-Chef.

Arbeitnehmerschutz soll angepasst werden

Außerdem müsse das 40 Jahre alte Arbeitnehmerschutzrecht an die moderne digitale Zeit angepasst werden. Derzeit habe es 132 Paragrafen und gelte gemeinsam mit 15 Verordnungen, manchmal gebe es Widersprüche zu anderen Gesetzen. Man brauche zwar einen hohen Gesundheitsschutz, aber es dürfe nicht die Bürokratie überwiegen. Das sei mit dem Koalitionspartner zu diskutieren. „Bei dem Thema stehen wir offen gesprochen am Anfang der politischen Verhandlungen“, so Mitterlehner.

Vizekanzler Mitterlehner will Unternehmer entlasten

Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) präsentiert seine drei wichtigsten Reformvorschläge. Er will vor allem Unternehmer entlasten. Zu starre Regeln würden die Wirtschaft unnötig behindern.

Drittens müsse es Anreize für private Investitionen geben. Eine Variante sei eine Investitionszuwachsprämie nach dem „Salzburger Modell“, sagte Mitterlehner. Auch gehe es um degressive Abschreibungsmöglichkeiten. Dabei würden zusätzliche Investitionen, die den Durchschnitt der letzten drei Jahre übertreffen, subventioniert. In Salzburg wurde eine solche Förderung 2015 beschlossen.

Arbeitskreise und Verhandlungen

„Es ist angerichtet für Oktober, wir möchten diese Weichenstellungen jetzt haben“, sagte Mitterlehner, aber man dürfe kein System aufbauen, das auf Pump und auf Belastungen aufbaut. Derzeit laufen Verhandlungen der Koalitionspartner über Reformen im Wirtschaftsbereich, Ergebnisse der Arbeitskreise sollen noch in diesem Monat vorliegen. Gegen die Verlängerung der Tagesarbeitszeit auf zwölf Stunden hatte sich die SPÖ bereits ausgesprochen.

Streitpunkt auch bei Herbstlohnrunde

Die Flexibilisierung der Arbeitszeit ist auch bei den nun laufenden Lohnverhandlungen der metallverarbeitenden Industrie auf dem Tapet. Die Arbeitgebervertreter drängen darauf, sind aber im Gegenzug zu Zugeständnissen bei der Lohnerhöhung bereit, die Gewerkschaft spricht sich indes wie generell die SPÖ dagegen aus. Eine Arbeitszeiterhöhung über die derzeit erlaubten zehn Stunden pro Tag lehnte Gewerkschafter Rainer Wimmer bei der ersten Verhandlungsrunde Ende September dezidiert ab.

Leitls genaue Vorstellungen

Vonseiten der Wirtschaft sind indes die Vorstellungen bereits sehr genau. Kurz vor dem Start der Herbstlohnrunde erneuerte der Präsident der Wirtschaftskammer (WKÖ), Christoph Leitl, seine Forderung. „Die Zeiten ändern sich, daher müssen sich auch die Arbeitszeiten ändern“, so Leitl. Seine Schlussfolgerung daraus: „Alles, was wir dazu im Kopf haben, können wir vergessen.“

Eine Flexibilisierung - also laut Forderungen der Wirtschaft eine Anhebung der erlaubten täglichen Arbeitszeit von zehn Stunden, eine Reduktion der vorgeschriebenen Pause zwischen zwei Arbeitstagen und die Ausdehnung der Durchrechnungszeiträume für die Überstundenabgeltung - bedeute für die Arbeitgeber „nicht mehr arbeiten für weniger Geld“, so Leitl.

Vielmehr käme das den Wünschen der Arbeitnehmer nach individuellerer Zeiteinteilung entgegen. So könnten sie zum Beispiel leichter ein langes Wochenende ansparen. Auch ein lebenslanges Zeitkonto in Kombination mit dem Pensionskonto sei vorstellbar. Die Regelung dazu solle auf Betriebsebene getroffen werden. Das wiederum ist für die Gewerkschaften ein rotes Tuch, weil dadurch die Kollektivvereinbarungsgemeinschaft durchbrochen würde.

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Kein Durchbruch bei Gesprächen zu Mindestsicherung

Keinen Durchbruch hat heute Früh ein weiteres Spitzengespräch von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) mit Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) in Sachen Mindestsicherung gebracht. Stöger betonte im Anschluss, ein Stück auf die ÖVP zugegangen zu sein. Nun werde sich auch die Volkspartei noch bewegen müssen.

Auf Details wollte der Sozialminister nicht eingehen. Stöger kündigte aber an, die Gespräche intensivieren zu wollen. Ein Zieldatum für einen Abschluss nannte er nicht, gestand aber zu, dass es sich bei der Mindestsicherung um ein für den Finanzausgleich relevantes Thema handle. Auch dieser sollte in den kommenden Wochen abgeschlossen werden.

Ansinnen der ÖVP als Knackpunkt

Die SPÖ hatte zuletzt Beweglichkeit signalisiert, was den von der ÖVP gewünschten Deckel für die Mindestsicherung angeht. Dieser könnte bei 1.500 Euro eingezogen werden, zusätzliche Wohnkosten könnten aber als Sachleistung ausgeschüttet werden.

Als Knackpunkt gilt nun das Ansinnen der ÖVP, die Mindestsicherung mit einer Wartezeit zu versehen. Das hieße, nur jene, die fünf der sechs vergangenen Jahre in Österreich gelebt haben, bekämen den vollen Bezug. Das wird von der SPÖ sowohl aus inhaltlichen als auch aus rechtlichen Gründen abgelehnt.

Miiterlehner ortet Druck vor allem bei Wien

Die Zeit werde knapper, da Anfang Jänner ein neues Mindestsicherungsgesetz vorgelegt werden soll, sagte Mitterlehner am Rande einer Pressekonferenz auf Journalistenfragen. Der Druck sei aber vor allem bei Wien, so der ÖVP-Chef. Denn wenn es keine gemeinsame Regelung gebe und keine Pflicht für Flüchtlinge, am ursprünglichen Ort zu bleiben, dann werde jedes Bundesland einen eigenen Weg gehen.

Die Flüchtlinge wiederum werden dorthin gehen, wo die für sie beste Situation herrsche, so Mitterlehner. Und das sei bis jetzt in Wien. „Daher wird Wien ein dringendes Interesse haben, eine gemeinsame Regelung vorzufinden“. so Mitterlehner. Derzeit laufe die Beratung teilweise so, dass Flüchtlingen empfohlen werde, das Bundesland zu wechseln, bevor sie zu arbeiten beginnen, weil sie woanders mehr Mindestsicherung erhalten.

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younion: Wohlmuth unterstützt Forderung nach Ausbau der Berufsschulen

Jugendvorsitzender: „Bildung ist die beste Investition in die Zukunft“

„Immer nur von Bildung und Reformen zu reden ist zu wenig. Jetzt müssen endlich Maßnahmen folgen“, erklärte heute, Dienstag, der Jugendvorsitzende von younion _ Die Daseinsgewerkschaft, Nicolai Wohlmuth. Die YOUNG younion unterstützt daher die Forderung der Gewerkschaftsjugend nach einem massiven Ausbau der Berufsschulen.++++

   „Wir haben konkrete Vorschläge für die Zukunft. Als ersten Schritt sollen ausnahmslos für alle Lehrberufe die Berufsschulzeit auf 1.260 Berufsschulstunden angehoben werden; längerfristig auf 1.680 Stunden“, forderte Wohlmuth. Pro Tag soll außerdem nicht mehr als 7 Stunden unterrichtet werden. Wohlmuth: „Es ist viel sinnvoller und effektiver, die tägliche Berufsschuldauer zu verkürzen, damit sich die SchülerInnen besser auf den Unterreicht konzentrieren können und besonders Lernschwächere mit zusätzlichen Programmen gefördert werden können.“ Viele Lehrlinge nutzen auch das Angebot „Lehre mit Matura“. Bei einer kürzeren täglichen Berufsschulzeit würden auch diese sich leichter tun, da mehr Zeit fürs Lernen bleibt.

   Ein besonders wichtiges Anliegen sind für Wohlmuth weitere Verbesserungen, speziell für die Berufsschule für Verwaltungsberufe in der Wiener Embelgasse: „Dort gibt es momentan einen Schulversuch mit 1.680 Berufsschulstunden. Diese Anzahl muss in das Regelschulsystem übergeführt werden. Diese Schule wurde auch für ihre spezielle Leistung als Arbeiterkammer Musterschule ausgezeichnet. Die 1.680 Berufsschulstunden müssen für die Zukunft abgesichert werden. Setzten wir Taten im Sinne unserer Lehrlinge – jetzt ist es Zeit für konkrete Maßnahmen!“

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Verfassungrichter nach Kritik: Wahl kein „Würfelspiel“

Der Verfassungsrichter Johannes Schnizer hat gestern Abend in der ZIB2 die - nach wie vor umstrittene - Aufhebung der Präsidentenstichwahl verteidigt. Er nannte die Notwendigkeit dazu „unerfreulich“. Aber: Die Entscheidung sei in der „jahrzehntelangen Judikatur“ begründet gewesen. Es sei in unzähligen Fällen das Wahlgeheimnis verletzt worden. Es gehe grundsätzlich darum, dass eine demokratische Wahl kein „Würfelspiel“ sein dürfe. Dabei könne man nicht mit Wahrscheinlichkeiten arbeiten. Jede Stimme des Wählers müsse berücksichtigt werden, so Schnizer.

Schnizer verteidigt im ZIB2-Interview die Entscheidung, die Bundespräsidentenstichwahl zu wiederholen

Der Verfassungsrichter verteidigt auch im aktuellen „Falter“ die Aufhebung der Bundespräsidentenstichwahl damit, dass in „Zehntausenden von Fällen das Wahlgeheimnis verletzt“ worden sei. In Richtung FPÖ meinte er, diese habe die Anfechtung schon vor dem Wahltermin vorbereitet. Die Freiheitlichen wiesen diese Aussage heute als „Unwahrheit“ zurück.

Ein „Eindruck“ von der umfangreichen Anfechtung

Das sei ein „Eindruck“, der bei ihm entstanden sei. Die Anfechtungsschrift könne nicht innerhalb weniger Tage derart umfangreich vorbereitet werden, sagte Schnizer in der ZIB2 zu seinem Verdacht. „Aber vielleicht täusche ich mich.“ Aktuell habe er Verständnis dafür, dass die Bundesregierung nun mit der Verschiebung der Wahlwiederholung - wegen der bekannten Klebeprobleme bei den Kuverts für die Briefwahl - auf Nummer sicher gehen wolle.

Auf die Frage, ob es klug gewesen sei, dass der Verfassungsrichter sich als Wähler des von den Grünen unterstützten Kandidaten Alexander Van der Bellen deklariert hatte, erklärte er sinngemäß: Jeder Richter habe auch eine Weltanschauung. Neutralität in seiner Funktion im Verfassungsgerichtshof (VfGH) und dem Verfahren Wahlanfechtung sei die eine, seine politische Einstellung eine andere Sache.

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Mindestsicherung: Stöger will keine Ausnahmen

Werbung für „Integrationsjahr“

Die Debatte über die Höhe der Bezüge und eine eventuelle Deckelung der Leistungen bei der Mindestsicherung reißen nicht ab. Noch mehr Stoff dafür lieferten erst am Wochenende Zahlen für Wien. Am Sonntag sprach sich Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) für Augenmaß aus, generelle Ausnahmen wolle er keine.

Die Rufe nach einer Reform waren erneut laut geworden, nachdem das Nachrichtenmagazin „profil“ am Samstag von einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) im Auftrag der Stadt Wien berichtet hatte, laut der die Bedarfsorientierte Mindestsicherung (BMS) in der Bundeshauptstadt für immer mehr Menschen zum „Dauerzustand“ anstatt zum Überbrückungsmodell werde. Insbesondere Asylwerber hätten es schwer, auf eigene Beine zu kommen.

Zahlen werden „leicht ansteigen“

Bezieher gab es laut Stöger im Jahr 2015 bundesweit etwa 285.000, er erwarte, dass die Zahlen „leicht ansteigen“, wie er in der „Pressestunde“ sagte und verwies als Begründung auf das Problem, dass Beschäftigungsmöglichkeiten für schlechter qualifizierte Personen fehlten. Es müsse mehr Jobs geben, die „auch arbeitbar für viele Personengruppen“ seien.

Sachleistungen müssen laut Stöger garantiert sein

Angesprochen auf den Bericht des „profil“, in dem es auch heißt, dass vergleichsweise immer mehr Personen mit osteuropäischen Staatsbürgerschaften die Mindestsicherung in Anspruch nähmen, verwies der Sozialminister darauf, dass diese noch stärker gefährdet seien, den Job zu verlieren als Österreicher. Es gebe eine Korrelation mit dem Arbeitsmarkt, das Armutsrisiko dieses Personenkreises sei vergleichsweise höher als das von Inländern.

„Geschichten“ und „Extremfälle“

„Geschichten, die da in den Medien verbreitet werden“, seien Einzelfälle, sagte der Minister zu einzelnen kolportierten Zahlen, die in den letzten Tagen auch die Runde durch die Sozialen Netzwerke gemacht hatten. Die „Kronen Zeitung“ etwa zählte „Extremfälle“ auf: Ein Asylwerber mit Frau und Kindern soll 3.300 Euro pro Monat erhalten, „ein erst seit Kurzem aslyberechtigter Migrant“ wolle Frau und 15 Kinder nachholen und könnte dann 6.600 Euro erhalten.

Geldleistungen zu begrenzen könne sich Stöger vorstellen, wichtig sei aber, dass Sachleistungen wie eine Wohnung angeboten würden. Bei Flüchtlingen brauche es tatsächlich „andere Antworten“, sagte der Sozialminister. Die müssten gut betreut werden, Stöger verwies auf das von ihm vorgeschlagene „Integrationsjahr“. Außerdem müssten Asylentscheidungen binnen sechs Monaten da sein, damit sich die Menschen orientieren könnten. Bei einem positiven Bescheid müssten die Asylwerber rasch Sprachkurse belegen könnten, es müssten ihre Qualifikationen („Kompetenzchecks“) erhoben werden.

„Wir reden von Menschen“

Generelle Sonderregelungen bzw. Ausnahmen für bestimmte Personengruppen will Stöger nicht. „Wir reden von Menschen, wir reden von Armut“, sagte er in der „Pressestunde“. Hier sei der „Reisepass nicht entscheidend“. Er warne davor, einzelne Personengruppen auszuklammern. Er stelle die Frage, welche Gruppe dann die nächste sei - „da warne ich davor“. Das Integrationsjahr sei „maßgeschneidert“. Aber: Stöger erwartet sich auch Gegenleistungen von Flüchtlingen bzw. Zuwanderern: Integrationsbereitschaft, Akzeptanz demokratischer Werte, „dass sie sich an Regeln halten“.

Angesprochen auf das Thema Ein-Euro-Jobs sagte Stöger: „Das müssen Sie die ÖVP fragen.“ Er habe „das aus Medien erfahren, diese Diskussion“. Ihm gehe es um Arbeitsplätze generell, so der Minister. Menschen müssten „unter vernünftigen Bedingungen arbeiten“, dazu brauche es Kollektivverträge. Diese zu reduzieren, halte er für problematisch. „Plakative Zugänge“ brächten nichts.

Mindestsicherung als „Dauerzustand“

In der zitierten WIFO-Studie heißt es laut „profil“, dass die BMS in Wien für immer mehr Menschen zum „Dauerzustand“ werde. Mit Jänner 2015 seien zwei Drittel der Bezieher länger als 13 Monate durchgehend auf Mindestsicherung angewiesen gewesen, 45 Prozent, die den Absprung schafften, seien nach zwei bis drei Monaten erneut auf Unterstützung angewiesen gewesen. Nur neun Prozent hätten es in eine dauerhafte Beschäftigung geschafft.

Maßgeblich für den Anstieg seien Flüchtlinge gewesen. Eine Prognose bis 2017 ergäbe ein Plus von 35 Prozent seit 2014, dem Jahr vor der Flüchtlingswelle. Ohne Flüchtlinge wären es 15 Prozent. „Für Asylberechtigte sind die Aussichten, die Leistungsabhängigkeit durch Aufnahme einer Beschäftigung zu überwinden, besonders ungünstig“, zitiert das „profil“ aus der Studie.

Höchstgrenze bei Geldleistungen

Die Wiener Sozialstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) deutete Kompromissbereitschaft bei der Reform der Mindestsicherung an: „Man kann die Frage stellen, welche Integrationsangebote angenommen werden müssen, um die volle Mindestsicherung zu erhalten“, sagte sie gegenüber dem „profil“. Für die „besondere Situation in der Mindestsicherung durch die Flüchtlinge müssen neue Antworten gefunden werden“, so Wehsely. Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) hatte in der Vergangenheit Kürzungen für Asylberechtigte stets abgelehnt.

Die Diskussion über die von der ÖVP verlangte Deckelung bei 1.500 Euro zeige, dass es nicht um Sachfragen gehe, sondern um „Propaganda“, befand Wehsely am Samstag im Ö1-„Im Journal zu Gast“. Dennoch gab sie sich diskussionsbereit: Bei der Leistung an sich dürfe es keine Deckelung geben, sehr wohl könne man aber über eine Höchstgrenze der Geldleistung reden, wenn mit verstärkten Sachleistungen aufgestockt werde.

„Handlungsbedarf“ zwischen AMS und Wirtschaft

Beim Thema Arbeitsmarkt sah Stöger in der „Pressestunde“ am Sonntag „Handlungsbedarf“ in der Zusammenarbeit zwischen Arbeitsmarktservice (AMS) und heimischen Unternehmen. Trotz der Wirtschaftsnähe des AMS gebe es inakzeptable Entwicklungen, etwa in der Gastronomie und im Tourismus, „wo die Lehrlingszahlen leider zurückgegangen sind“. Insgesamt konstatierte Stöger, dass „wir in Österreich einen dynamischen Arbeitsmarkt haben“. Es gebe kurzfristige Jobs, die keine Lebensperspektive böten - aber heuer im August habe es um 57.000 Jobs mehr gegeben als ein Jahr zuvor.

Auch in den nächsten Jahren würden die Arbeitslosenzahlen in etwa auf dem derzeitigen Niveau bleiben. Im Jahresschnitt 2015 lag die Quote bei 9,1 Prozent. Die Ausbildungspflicht nach der Pflichtschule sei ein Schritt, um die Quote längerfristig zu senken. Alle Menschen sollten außerdem eine zweite Chance bekommen, wenn sie sich beruflich umorientieren wollen - dafür diene das Fachkräftestipendium, sagte Stöger.

ÖVP sieht „Möglichkeit zum Kompromiss“

„Ankündigungen machen noch keine Reformen“, sagte ÖVP-Generalsekretär Werner Amon zum Auftritt Stögers in der „Pressestunde“. Dennoch gebe es Hoffnung, „dass die Regierung in einigen Zukunftsfragen Einigkeit demonstrieren und einen gemeinsamen Kraftakt hinlegen kann“.

Er sehe vor allem bei den Themen Mindestsicherung und Integration „die Möglichkeit zum Kompromiss“. Positiv sei, „dass die Diskussionsbereitschaft, und damit ein Schwenk auf ÖVP-Linie, für eine Deckelung der Geldleistung bei der Mindestsicherung größer werde“. Auch ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka sah einen „ersten Schritt in die richtige Richtung“ - „spät, aber doch“, konnte er sich allerdings einen Seitenhieb nicht verkneifen.

„Lehrbeispiel an Schönrederei“

Stöger habe in der „Pressestunde“ geradezu ein „Lehrbeispiel an Schönrederei und Realitätsverdrängung“ geliefert, befand FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl. Die Rekordarbeitslosigkeit sei vor allem „Ergebnis des ungebremsten Zustroms von Arbeitskräften aus Osteuropa“ und werde „durch den massenhaften Zuzug von sogenannten Wirtschaftsflüchtlingen noch verstärkt“. Schließlich führe an einer klaren Differenzierung zwischen Staatsbürgern und Nichtstaatsbürgern bei der Mindestsicherung kein Weg vorbei. Alles andere würde „die Magnetwirkung“ des Sozialstaates Österreich noch erhöhen.

Die Sozialsprecherin des Teams Stronach (TS), Waltraud Dietrich, befand in einer Aussendung: „Wenn wir unseren Sozialstaat erhalten wollen, dann müssen wir das System der Mindestsicherung schleunigst und umfassend reformieren.“ Anerkannte Flüchtlinge sollten nicht sofort die volle Mindestsicherung erhalten, sondern mit einer Kombination aus Geld- und Sachleistungen ausgestattet werden, „bis sie längere Zeit einer geregelten Arbeit nachgegangen sind. Alles andere wäre gegenüber den österreichischen Steuerzahlern weder fair noch richtig“, so Dietrich.

NEOS attestierte dem Sozialminister einen Hang zu „vorbereiteten Stehsätzen“, egal, wonach er gefragt werde. Während in fast allen EU-Staaten die Arbeitslosigkeit sinkt, „schaut der österreichische Sozialminister den Rekordarbeitslosenzahlen in Österreich achselzuckend zu“, so NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker in einer Aussendung. „Auf Basis der Zahlen, die sein eigenes Ministerium nach der Logik des Feng-Shui so lange herumdreht, bis sie schön aussehen, verabreicht der Minister den Bürgerinnen und Bürgern Beruhigungspillen.“

Schützenhilfe von Grünen

Unterstützung für Stöger kam von der grünen Sozialsprecherin Judith Schwentner. Eine Kürzung der Mindestsicherung dürfe für einen SPÖ-Minister nicht infrage kommen. „Halten Sie den Kurs“, empfahl sie Stöger. „Wir müssen die steigende Armut in Österreich bekämpfen und nicht die Armen“, so Schwentner. Wer sich an der Mindestsicherung vergreifte, „produziert Armut in Österreich, die langfristig den sozialen Frieden gefährden wird“. Das sei „all den sozialen Brandstiftern ins Stammbuch geschrieben“, so die grüne Sozialsprecherin.

Tourismusbranche will Vorwürfe entkräften

Tourismus-Spartenvertreterin Petra Nocker-Schwarzenbacher setzte Stöger in einer Reaktion auf seine Aussagen zu Lehrlingszahlen entgegen, dass das Problem oft daran liege, „dass Jugendliche und vor allem auch ihre Eltern oft ein falsches Bild von der Arbeit im Tourismus haben“. Die Obfrau der Bundessparte Tourismus und Freizeitwirtschaft in der Wirtschaftskammer meinte, dass Jugendliche vom Arbeiten am Wochenende abgeschreckt würden und dass es „mehr Bereitschaft zu Mobilität bräuchte“. Oftmals an einem Tag geteilte Arbeitszeiten und eine zu anderen Branchen tendenziell etwas geringere Entlohnung erwähnte sie nicht. Jedenfalls wolle man sich nicht von der Politik schlechtreden lassen.

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