SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda sieht die SPÖ nicht in Frontal-Opposition, sondern um konstruktives Arbeiten im Parlament bemüht. Allerdings biete die Regierung nicht besonders viel Gelegenheit dafür, kritisiert er im APA-Interview zum Jahresende. Das gesellschaftliche Klima im Land sei im ersten Jahr der neuen Regierung „kälter geworden“, konstatiert er.
Vor wenigen Tagen hatte sich der burgenländische SPÖ-Chef und designierte Landeshauptmann Hans Peter Doskozil einer Beurteilung der SPÖ-Performance im Bund gewidmet. Via „Kronen Zeitung“ hatte er am Beispiel Mindestsicherung für eine „konstruktivere Oppositionspolitik und gegen Frontal-Opposition“ plädiert.
Zwölfstundentag: Geschlampt und geschludert
„Ich habe das weniger in meine Richtung oder in Richtung der Parteivorsitzenden (Pamela Rendi-Wagner, Anm.) dechiffrieren können“, sagt Drozda dazu. Vielmehr habe er das als „eine allgemeine Aussage“ betrachtet, beeinflusst von Doskozils „Interessensposition“. Mit gewichtigen Landespolitikern müsse die Regierung zwangsläufig häufiger reden, so Drozda, dass diese „regelmäßiger zu Gesprächen eingeladen werden als die Opposition ist ein Faktum“.
Er selbst sei jemand, „mit dem man immer vernünftig und auf Augenhöhe reden kann“, so habe er das in seiner Zeit als Regierungsmitglied ebenfalls gehandhabt. „Dass Bundeskanzler Sebastian Kurz da einen anderen ‚Stil‘ hat, ist evident. Ob das für das Land vorteilhaft ist, lasse ich dahingestellt. Ich glaube es nicht. Man sieht an Gesetzen wie dem Zwölfstundentag, dass da geschlampt und geschludert wurde.“ ÖVP und FPÖ übten sich in Klientelpolitik.
Die Regierung muss den nötigen Budgetspielraum für die mit fünf Mrd. Euro geplante Steuerreform aus Sicht der Chefs von Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) und Institut für Höhere Studien (IHS) erst schaffen. 1,5 Mrd. Euro könnten aus den Budgetüberschüssen kommen, in selber Höhe sei der Familienbonus schon eingerechnet, doch zwei Mrd. Euro würden noch fehlen, sagten sie heute.
Die vorgesehene Entlastung von fünf Mrd. Euro sei „ein sehr ambitioniertes Ziel, da muss man noch bei den Ausgaben einsparen“, meinte WIFO-Chef Christoph Badelt. „Da hat die Regierung noch eine große Herausforderung vor sich“, sagte er. Die vom WIFO für 2019 prognostizierten 0,4 Prozent des BIP an Budgetüberschuss entsprechen 1,5 Mrd. Euro. Die fehlenden zwei Mrd. Euro müssten „noch gefunden werden“, etwa durch Einsparungen oder Gegenfinanzierungen.
Finanzierung laut IHS fraglich
Auch IHS-Leiter Martin Kocher hält den Budgetüberschuss nicht für völlig ausreichend, um eine große Steuerreform zu finanzieren – insbesondere wo sein Institut für 2019 von nur 0,2 Prozent Maastricht-Überschuss ausgeht und erst für 2020 mit 0,4 Prozent.
Er meinte, man könne zur Finanzierung „sogar kurz ins Defizit gehen“, um „ein paar zehntel #Prozentpunkte“ des BIP. Dann könnte man schon in die Nähe von dreieinhalb bis vier Mrd. Euro kommen – das setze aber eine gute Konjunktur voraus. „Daher muss auch strukturell etwas getan werden.“ Neben dem Reformvolumen hält er auch Vereinfachungen für nötig, etwa durch Abschaffung von Bagatellsteuern.
Als „Priorität eins“ für die Steuerreform bezeichnete der IHS-Chef eine Entlastung des Faktors Arbeit, der in Österreich im Vergleich mit anderen Ländern „sehr stark belastet“ sei. Erst „Priorität zwei“ sind dann für ihn Unternehmenssteuern; da gebe es ebenfalls Argumente für eine Entlastung, die Argumente hier seien aber nicht so stark wie die zum Faktor Arbeit, so Kocher.
„Ein Jahr ist die Regierung erst im Amt und hat bereits vieles von dem zerstört, was sich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über Jahre und Jahrzehnte hart erkämpft haben. Die Einführung des 12-Stunden-Tages, die Zerschlagung der Krankenkassen, die Einschnitte bei der AUVA, Verschlechterungen bei der Altersteilzeit und die Einschränkungen bei der betrieblichen Mitbestimmung – all diese Maßnahmen werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bitter zu spüren bekommen. Sie haben keinen Grund zu feiern“, so der Vorsitzende der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen, Rainer Wimmer.
Jubeln können hingegen die Wahlkampfspender der ÖVP. „Für sie hat Sebastian Kurz ganze Arbeit geleistet und ihre Wünsche schnellstmöglich erfüllt. Die Industriellenvereinigung hat den 12-Stunden-Tag bekommen, die Immobilienbranche und die Hoteliers dürfen sich über Steuererleichterungen freuen und auch die Versicherungskonzerne werden auf ihre Kosten kommen, wenn die Reform der Krankenkassen wirkt“, sagt Wimmer. Ablenkungsmanöver und teure PR-Kampagnen können nicht mehr darüber hinwegtäuschen, auf wessen Seite die Regierung steht und dass sie ein eiskaltes neoliberales Konzept zum Schaden der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verfolgt.
Der FSG-Vorsitzende ist überzeugt, dass in den kommenden Jahren weitere Verschlechterungen beschlossen werden. „Die geplante Abschaffung der Notstandshilfe lässt Schlimmes befürchten und wird mehr Menschen in die Armut treiben. Und auch die angekündigte Senkung der Sozialversicherungsbeiträge ohne eine Gegenfinanzierung wird zu Verschlechterungen bei den Leistungen führen“, sagt Wimmer. „Die FSG wird weiterhin gegen diese unsoziale Politik mit aller Kraft kämpfen. Wir stehen an der Seite der Beschäftigten und werden alles dafür tun, damit diese Regierung rasch wieder abgewählt wird“, betont Wimmer.
Der Nationalrat hat am Donnerstag eine umfassende Reform des Sozialversicherungssystems beschlossen
Damit wird die Zahl der Träger stark reduziert und die Machtposition der Arbeitgeber in den Gremien deutlich ausgebaut. Dem Beschluss ging eine Debatte von ungewohnter Heftigkeit voraus.
Künftig wird es statt 21 fünf Träger geben, der Hauptverband der Sozialversicherungsträger wird in seiner Bedeutung geschmälert, behält aber dank eines Abänderungsantrags doch fixe Vorsitzende. Ursprünglich war geplant, dass die Obleute der Träger in einem halbjährlichen Rotationsprinzip die Leitung übernehmen. Die Regierung reagierte aber auf Bedenken, dass eine gezielte Unternehmensplanung so erschwert werde – nun sind zwei Führungspersonen vorgesehen, die den Vorsitz für fünf Jahre abwechselnd ein halbes Jahr führen und damit de facto eine Doppelspitze bilden.
Größter Brocken der Reform ist die Fusion der neun Gebietskrankenkassen zu einer Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), wobei neun Länderstellen erhalten bleiben. Die ÖGK schließt einen österreichweiten Gesamtvertrag für die Ärztehonorare ab. Bis 2021 sollen die Leistungen harmonisiert werden.
Berufsgruppenkassen bleiben bestehen
Neben der ÖGK für die Arbeitnehmer wird es weiterhin auch andere Berufsgruppenkassen geben. Bauern und Unternehmer kommen in der neuen Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVS) zusammen, dritter Sozialversicherungsträger wird die Versicherungsanstalt für den öffentlichen Dienst, Eisenbahn und Bergbau (BVAEB). Die Pensionsversicherungsanstalt (PV) bleibt bestehen, ebenso die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA).
Zusammenlegung der Krankenkassen im Nationalrat
In einer emotionsgeladenenen Debatte diskutierte der Nationalrat jetzt die Zusammenlegung der Krankenkassen. Es hagelte Ordnungsrufe, die Worte Lüge und Unwahrheit waren keine Seltenheit.
In Kraft treten soll das Gesetz am 1. Jänner 2019. Mit April werden pro Träger Übergangsgremien zur Vorbereitung des Fusionsprozesses eingesetzt und neue leitende Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht. Mit gleichem Datum will die Regierung die verordnete „Ausgabenbremse“ bei den Sozialversicherungen wieder aufheben. Ab 1. Jänner 2020 soll die neue Kassenstruktur dann gültig sein.
Ermächtigungsgesetz wieder abgesagt
Mittels Abänderungsantrag wieder aus dem Gesetz eliminiert wurde die erst im November vom Nationalrat beschlossene und von der Opposition heftig kritisierte Bestimmung, wonach die Sozialministerin notwendige „Vorbereitungshandlungen“ für jedes Gesetzesvorhaben im Bereich der Sozialversicherungsgesetze setzen darf, sofern ein entsprechender Entwurf bereits in parlamentarischer Behandlung steht. Es hatte die Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof gedroht.
Voraus ging dem Mehrheitsbeschluss eine der heftigsten Debatten der vergangenen Monate. Zahlreiche tatsächliche Berichtigungen, persönliche Erwiderungen und Geschäftsordnungsmeldungen führten zu einer zerhackten und untergriffigen Diskussion, die auch Ordnungsrufe durch den vorsitzführenden Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP) zur Folge hatte.
„System von Herrn und Knecht“
„Ehe der Hahn zweimal kräht, hast du die Arbeitnehmer dreimal verraten“, richtete etwa Ex-Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) ÖAAB- und ÖVP-Klubobmann August Wöginger aus. „Sie wollen den Sozialstaat in die Luft sprengen“, sagte sein Parteikollege Rainer Wimmer. Stöger verdächtigte die Regierung, ein „System von Herrn und Knecht“ wiedereinführen zu wollen, die Reform sei klar verfassungswidrig.
Harte Debatte über Kassenreform
Ex-Sozialminister Stöger (SPÖ) befürchtet, dass künftig weniger Geld für die Gesundheitsversorgung und Gemeinden zur Verfügung stehen wird.
SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner bestritt, dass mit der Reform die Sozialversicherung schlanker werde – vielmehr werde mit der ÖAK eine zusätzliche Verwaltungsebene eingezogen, die als einziges Ziel eine neue Machtstruktur habe. Nach der von der SPÖ vermuteten Umfärbung in den Gremien würden Selbstbehalte, Ambulanzgebühren und Leistungseinschränkungen folgen, mutmaßte die SPÖ-Chefin. So sei der Beschluss auch „brandgefährlich“. Die Gesundheitsfinanzierung werde aufs Spiel gesetzt.„Heute ist ein denkwürdiger Tag, wir schreiben Geschichte“, jubelte hingegen Sozialministerin Beate Hartinger (FPÖ) über „die größte Reform der Zweiten Republik“, um gleich zu versichern, dass ihr Ziel immer gewesen sei, die Sozialversicherung für die Versicherten zu reformieren. Die einzigen Verlierer jetzt seien die Funktionäre: „Bei uns steht der Patient im Mittelpunkt und nicht der Funktionär.“
„Wir setzen die Funktionäre an die Luft“
Schärfer formulierte es Hartingers Parteifreundin Dagmar Belakowitsch. In Richtung Gewerkschaft sagte sie: „Ich bin ja schon froh, dass Sie heute nicht mit dem Pflasterstein gekommen sind.“ Die Funktionäre sollten nicht auf die Straße gehen, sondern die Patienten behandeln, meinte die FPÖ-Abgeordnete mit Blick auf die Proteste der Wiener und der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse am Mittwoch – mehr dazu in wien.ORF.at. Warum demonstriert wird, ist für Belakowitsch klar: „Die roten Bonzen sind die Verlierer.“ Auch ihr Parteikollege Johann Gudenus freute sich: „Wir setzen die Funktionäre an die frische Luft.“
Harte Debatte über Kassenreform
FPÖ-Sozialsprecherin Belakowitsch sieht nur die „roten Bonzen“ als Verlierer der Reform.
NEOS und Jetzt vermuteten dagegen eine Umfärbung. NEOS-Klubchefin Beate Meinl-Reisinger sprach von der Reform als „Augenauswischerei“ und „Pflanz“. Der Beschluss bringe nur ÖVP- und FPÖ-Funktionären etwas und sonst niemandem. Die Versicherten würden keine besseren Leistungen haben, auch nicht mehr Kassenärzte. Zudem bleibe die ÖVP-Klientel wie Beamte und Bauern ausgeklammert. Eine Aushebelung der Selbstverwaltung will Jetzt-Mandatarin Daniela Holzinger im Gesetzesvorschlag erkennen. Sie plädierte vielmehr dafür, mittels Sozialwahl die Positionen in der Sozialversicherung zu bestimmen. Den Patienten bringe es nichts, wenn die Funktionäre einfach per Gesetz farblich ausgetauscht würden.
Hauptverband besänftigt, Senioren klagen
Der derzeitige Vorsitzende des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger, Alexander Biach, sieht zumindest leichte Verbesserungen gegenüber den ersten Plänen der Regierung: „Das Bohren dicker Bretter hat sich ausgezahlt. Die Streichung des Rotationsprinzips im Dachverband war eine kluge und erfolgsentscheidende Verbesserung. Ich bin froh, dass unser Verbesserungsvorschlag aufgegriffen wurde.“
Nicht zu besänftigen waren die Pensionisten: Die Verfassungsklage des Seniorenrates gegen die Reform ist jetzt fix. Dass man als gesetzliche Interessenvertretung in den neu zu bildenden Gremien in den Sozialversicherungen auch nach der Reform nicht vertreten sein wird, ist für die beiden Präsidenten Ingrid Korosec (ÖVP) und Peter Kostelka (SPÖ) eine Diskriminierung. Wenn ein Viertel der Versicherten, die ein Drittel der Beiträge zahlen, von der Mitbestimmung ausgeschlossen werde, dann sei das „ein glatter Fall von Altersdiskriminierung“, sagte Kostelka.
„Willkommen im Boot der Reformbereiten!“ Mit diesen Worten begrüßte der Vorsitzende der younion _ Die Daseinsgewerkschaft heute, Donnerstag, den Richtungsschwenk der Wiener ÖVP in Sachen sonderpädagogische Ausbildung.
„Es ist nie zu spät, dazuzulernen. Angesichts ihrer neuen Erkenntnisse kann die Wiener ÖVP auf Minister Heinz Faßmann einwirken, damit er endlich die notwendigen Schritte setzt. Vielleicht hört er ja seinen Parteifreunden zu, nimmt endlich den Fuß von der Bremse und setzt unsere Forderungen um“, sagte Meidlinger.
Mit hartnäckiger Verzögerungstaktik verweigert der Bund seit langem eine anstehende Reform der sonderpädagogischen Ausbildung, die von einer deutlichen Mehrheit der Bundesländer gefordert wird. Die Bundesländer wollen die Möglichkeit haben, AbsolventInnen des Pädagogischen Hochschulstudiums „Elementarbildung, Inklusion und Leadership“ direkt anzustellen. Der Beruf soll attraktiver werden. Österreichweit herrscht ein Mangel an elementaren SonderpädagogInnen.
„Mit den neuen MitstreiterInnen an Bord gelingt es vielleicht, den Minister von seiner Taktik ewiger Evaluierungen und Überprüfungen offensichtlicher Mängel abzubringen. Dann kann die notwendige Gesetzesreform endlich starten und die seit langem bekannte prekäre Personalsituation hat ein Ende“, schloss Meidlinger.
Alle Parlamentsparteien haben sich gestern mit der Zivildienstnovelle zufrieden gezeigt. Ihr Ziel ist, den Heeresersatzdienst attraktiver zu machen. Wesentlichste Punkte sind, dass die Zivildiener eine Staatsbürgerschaftskunde absolvieren müssen und bei längerem Krankenstand leichter (vorübergehend) entlassen werden können.
Staatssekretärin Karoline Edtstadler (ÖVP) erhofft sich von der Novelle mehr Interessenten für den Zivildienst. Die Zuweisungen sind mit den jetzt zum Zug kommenden geburtenschwachen Jahrgängen stark zurückgegangen – heuer werden es nur rund 14.600 sein -, und dieses Problem werde man auch in den nächsten sieben bis zehn Jahren noch haben.
Verpflichtendes Modul „Staat und Recht“
Die Novelle sieht vor, dass Zivildiener künftig automatisch aus dem Dienst entlassen werden, wenn sie aus gesundheitlichen Gründen mehr als 23 Tage dienstunfähig waren – länger durchgehend oder wiederholt einige Tage lang. Der Dienst muss dann später möglicherweise an einer anderen Stelle nachgeholt werden. Derzeit löst nur eine mehr als 18-tägige durchgängige Erkrankung die vorzeitige Entlassung aus. Außerdem werden Zivildiener zu einem E-Learning-Ausbildungsmodul „Staat und Recht“ verpflichtet. Ihre Vorgesetzten müssen alle drei Jahre ein spezielles computergestütztes Ausbildungsmodul absolvieren.
Einrichtungen, die drei Jahre lang keine Zivildiener angefordert haben, kann leicht die Anerkennung als Zivildienstträger entzogen werden. Auch eine nachträgliche Reduzierung zuerkannter Plätze ist – bei augenscheinlich fehlendem Bedarf – dann möglich.
Im Landestheater Linz und beim Bruckner Orchester Linz herrscht große Verunsicherung
Trotz massiver Proteste und mehr als 21.000 Unterschriften dagegen, hat der Gemeinderat die einseitige Auflösung des Theatervertrages mit dem Land beschlossen.
Thomas Dürrer, Bundessekretär in der younion _ Die Daseinsgewerkschaft ist wütend: „Wie kann man hunderte Beschäftigte so kaltherzig in Existenzängste jagen – und das ausgerechnet vor Weihnachten? Hier wird Machtpolitik auf Kosten von Beschäftigten und deren Familien betrieben. Das ist unerträglich.“ „Der Beschluss des Gemeinderates ist ein schwerer Schlag in die Magengrube. Hier war Bürgermeister Luger mehr als schlecht beraten! Ich glaube nicht, dass sich die Politik der Tragweite dieses Handelns bewusst war oder ist“, zeigt sich Josef Fuchsluger, Betriebsratsvorsitzender im Bruckner Orchester Linz, schwer enttäuscht.
Die Politik argumentiert, dass die Finanzierung im kommenden Jahr gesichert ist – doch genau damit entlarvt sie ihr Unwissen, wie der Kulturbetrieb überhaupt funktioniert. Thomas Dürrer: „Die Planungen müssen mehr als ein Jahr im Voraus erfolgen, sonst sind Großproduktionen überhaupt nicht möglich. Ich verstehe nicht, wie man etwas beschließen kann, ohne es sich vorher genau anzusehen." Dürrer macht sich dabei auch Sorgen, wie sich das Machtspiel zwischen Stadt und Land auf Linz allgemein auswirkt: „Der Kulturbetrieb ist zum Beispiel auch ein Wirtschaftsfaktor im Tourismus oder bei Kleinbetrieben. Was hier mit dieser Entscheidung angerichtet wurde, ist noch völlig unklar.“
younion-Landesvorsitzender Christian Jedinger fordert das Land Oberösterreich als Alleineigentümer auf, für eine finanzielle Bestandsgarantie für Theater und Orchester zu sorgen. Jedinger: „Bei jährlich 87 Millionen Euro Nettozahlungen der Stadt an das Land OÖ gibt es keine Rechtfertigung, die betroffenen Arbeitsplätze zu gefährden.“
Starke Einschnitte bei Familien angekündigt, aber Gesetzestext liegt noch immer nicht vor
Die Regierung hat heute eine Einigung bei der Mindestsicherung bekannt gegeben. Ein konkreter Gesetzestext liegt allerdings noch immer nicht vor. Die Kürzungen sind für die Betroffenen schwer zu tragen. Zu den finanziellen Auswirkungen für den Gesamthaushalt hat die Regierung bis dato noch keine Berechnungen vorgelegt. Der Vermögenszugriff soll zwar abgemildert aber bestehen bleiben. Das ist vor allem im Hinblick auf die im Regierungsprogramm vereinbarte Abschaffung der Notstandshilfe relevant. AK Sozialbereichsleiterin Alice Kundtner sagt: „Was die Regierung hier vorlegt, ist eine Kürzung der Mindestsicherung, die Familien mit Kindern stark trifft. Unabhängig von der Herkunft und auch dann, wenn in der Familie nur ein oder zwei Kinder leben.“
+ Mindestsicherung beträgt nur 0,6 Prozent aller öffentlichen Ausgaben
Die Kosten der Mindestsicherung machen 0,98 Mrd. aus. Aufgrund aggressiver Steuerplanung, Steuervermeidung und Steuerhinterziehung bei der Körperschaftssteuer entgehen dem österreichischen Staat jährlich Einnahmen, die den Ausgaben der Mindestsicherung entsprechen.
+ Vermögenszugriff bleibt
Der Vermögenszugriff wurde zwar abgemildert, bleibt aber weiterbestehen. Kundtner: „Das ist vor allem für 157.000 Menschen in Österreich relevant, die derzeit noch Notstandshilfe beziehen. Die Regierung hat sich ja im Regierungsprogramm die Abschaffung der Notstandshilfe vorgenommen.“
+ Kürzung trifft Kinder
Kundtner: „Ein Drittel aller MindestsicherungsbezieherInnen sind Kinder und Jugendliche. Auf sie kommen Kürzungen durch die Hintertür zu.“ So sollen künftig Paare im selben Haushalt nicht mehr das 1,5-Fache des Grundbetrags, sondern nur mehr 1,4 Mal so viel erhalten. Das wiegt die minimalen Steigerungen beim Betrag für das erste und zweite Kind auf. Zudem soll die Geldleistung ab Herbst 2019 um u.a. den Kinderabsetzbetrag von 58,40 Euro pro Kind gekürzt werden.
Bisher:
150 Prozent von 863 Euro für Paare = 1.294.50 Euro
18 Prozent für das erste Kind = 155,35 Euro
18 Prozent für das zweite Kind = 155,35 Euro
Summe: 1.605,26 Euro
Pläne der Bundesregierung (inkl. Abzug des Kinderabsetzbetrags):
140 Prozent von 863 Euro für Paare = 1.208,20 Euro
45 Prozent für zwei Kinder = 388,35 Euro minus 116,80 Euro Anrechnung des Kinderabsetzbetrags
Summe: 1.479,83 Euro
Das ist ein Minus von 125,43 Euro!
+ Kürzungen behindern Integration
- Es wird für die Menschen schwer, den Arbeitsmarktqualifizierungsbonus über 300 Euro zu bekommen, wenn gleichzeitig die Mittel für Deutschkurse und Fachausbildungen gekürzt werden.
- Es fehlt jeglicher Anreiz, eine Berufsausbildung zu machen. Das gilt für alle Jugendlichen, die einen Pflichtschulabschluss haben und die es am Arbeitsmarkt ohne Berufsausbildung auf Dauer sehr schwer haben werden.
Stattdessen fordert die AK:
+ Ausreichend Deutschkurse
Wer Arbeitsmarktintegration von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten fordert, darf nicht gleichzeitig die notwendigen Mittel kürzen.
+ Investitionen in Menschen rechnen sich. Es ist besser MindestsicherungsbezieherInnen, die arbeitslos und arbeitsfähig sind, eine geförderte Beschäftigung - zu Kollektivvertragslöhnen - zu ermöglichen (z.B. in einem Sozial-Ökonomischen Betrieb), als ihnen nur die Leistung auszuzahlen. Das ist nicht nur sinnstiftender für die Betroffenen, sondern rentiert sich auch budgetär innerhalb weniger Jahre.
Die Arbeiterkammer (AK) wird nicht müde, auf Nachteile des neuen Arbeitszeitgesetzes – Stichwort Zwölfstundentag – zu verweisen, die es aus ihrer Sicht gibt. So betonte AK-Präsidentin Renate Anderl erneut, dass „die Freiwilligkeit bei der Arbeitszeit ein Märchen ist“ – untermauert mit einer neuen, von der AK beauftragten Forba-Studie mit 9.400 Befragten.
58 Prozent der befragten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Vollzeit haben laut der Studie kein Mitspracherecht bei der Arbeitszeit, sondern bekommen diese vom Arbeitgeber vorgegeben. Selbst über ihre Arbeitszeit bestimmen nur 13 Prozent der Vollzeitkräfte. Je höher der Bildungsgrad, desto eher ist eine Mitsprachemöglichkeit gegeben. So haben vollzeitbeschäftigte Pflichtschulabsolventen und -absolventinnen zu rund 85 Prozent fix vorgegebene Arbeitszeiten.
Hilfsköchin lehnte Zwölfstundentag ab – Job verloren
Als „beispielhaft“ für die Mehrheit der Arbeitnehmer, die nicht selbst über ihre Arbeitszeit bestimmen können, erinnerte die AK an den Fall einer Hilfsköchin in Wien, die ihren Job in Wien verlor, weil sie es ablehnte, zwölf Stunden am Tag zu arbeiten. Mittlerweile ist die AK hier vor Gericht gezogen.
Der Arbeitgeber sei der Hilfsköchin nämlich die Abfertigung schuldig. Die Arbeiterin habe „unter Druck“ eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses unterzeichnet – „in der Hoffnung, wenigstens schnell zu ihrer Abfertigung zu kommen“, so die AK.
Ebenso wie NEOS wendet sich auch die SPÖ an Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Sie ersuchen ihn, die vom Nationalrat beschlossene Bestimmung, die „Vorbereitungshandlungen“ für die Krankenkassenreform erlaubt bevor die grundlegenden Gesetze dafür in Kraft sind, nicht zu unterzeichnen. Beide Oppositionsparteien halten das Gesetz für verfassungswidrig.
Der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried und Verfassungssprecher Peter Wittmann ersuchen Van der Bellen um eine formelle und auch materielle Prüfung des Gesetzes. Eine Unterschriftsverweigerung durch den Bundespräsidenten wäre die letzte Möglichkeit, damit das Gesetz nicht in Kraft treten kann. Die gleiche Bitte hatten am Sonntag auch schon NEOS an den Bundespräsidenten gerichtet.
SPÖ zieht Gang zum VfGH in Erwägung
Sollte die Regelung trotz allem in Kraft treten, werde sie die SPÖ zum Verfassungsgerichtshof (VfGH) bringen, bekräftigten die beiden SPÖ-Abgeordneten in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Dies wäre mit einem Drittelantrag im Bundesrat möglich, wo die Bestimmung noch behandelt werden muss.
Für die Erörterung in der Länderkammer verlangen die Sozialdemokraten ein Expertenhearing. Sollte es dazu nicht kommen, wird die SPÖ der Tagesordnung für die Sitzung nicht zustimmen. Die Tagesordnung wird üblicherweise im Einvernehmen der Fraktionen festgelegt, sollte es dazu nicht kommen würde die Bundesratspräsidentin und Sozialdemokratin Inge Posch-Gruska darüber entscheiden.
Sie hätte dann drei Möglichkeiten: die Bestimmung dennoch auf die Tagesordnung zu setzen, das Thema auf die nächste Sitzung am 20. Dezember zu verschieben oder der Forderung nach einem Hearing nachzugeben.