Arbeiterkammer verteidigt Pflichtmitgliedschaft
Nachdem die FPÖ ankündigte, bei der Nationalratssitzung am Mittwoch einen Antrag zur Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft bei der Arbeiterkammer (AK) einzubringen, wehrt sich die Kammer nun gegen die Kritik, die auch vonseiten der NEOS aufgekommen war. So bestätigte die AK zwar, dass man zuletzt mehr Mitgliedsbeiträge verzeichnen konnte, dies spiegle jedoch die Gehaltsentwicklung und die Beschäftigung wider. Den FPÖ-Antrag bezeichnet die AK-Direktorin Silvia Hruska-Frank als einen "Frontalangriff auf Menschen, die jeden Tag bei uns zu ihrem Recht kommen wollen". Die SPÖ springt der Kammer zur Seite.
ÖSTERREICH. Schon lange zeige sich, dass "Zwangsmitglieder mit ihren Zwangsbeiträgen das Gagenparadies in den Kammern" finanzieren würden, kritisierte Dagmar Belakowitsch, FPÖ-Sprecherin für Arbeit und Soziales, am Dienstag in einer Presseaussendung. Belakowitsch bemängelte zudem, dass die AK in Zeiten hoher Inflation "stark steigende Zwangsmitgliedsbeiträge und daraus folgende Mehreinnahmen bis 2024 in der Höhe von 100 Millionen Euro" verzeichne. Die Mitgliedsbeiträge würde die AK "auf den internationalen Finanzmärkten verspekulieren" oder im Wahlkampf für die SPÖ "verbraten".
Die Freiheitlichen wollen in der Nationalrat-Sondersitzung zur Teuerung am Mittwoch einen entsprechenden Antrag zur Abschaffung der AK-Mitgliedsbeiträge sowie der Wirtschaftskammer-Beiträge einbringen. Belakowitsch führte am Dienstag hierzu weiter aus:
"Arbeitnehmer und Unternehmer brauchen eine Interessensvertretung. Aber diese Interessensvertretung muss sich an den Bedürfnissen und der ökonomischen Situation ihrer Mitglieder orientieren – und genau darum geht es in unserem Antrag, den wir morgen zur Abstimmung bringen werden."
"Fordern quasi Abschaffung der AK"
Hruska-Frank reagierte gegenüber der APA auf die Kritik der Freiheitlichen und erklärte, wer die Pflichtmitgliedschaft abschaffen wolle, fordere quasi die Abschaffung der AK. "Wer uns schwächt als Arbeiterkammer, der schwächt unsere Mitglieder", so die AK-Direktorin: "Das ist ein Frontalangriff auf Menschen, die jeden Tag bei uns zu ihrem Recht kommen wollen."
Vier Millionen Mitglieder
Nachdem zuletzt auch die NEOS die hohen Einnahmen der Kammer kritisiert hatten, verwies die Direktorin der Wiener AK und der Bundesarbeitskammer auch auf die aktuellen Zahlen. Im Vorjahr seien demnach 565,5 Millionen Euro aus den Mitgliedsbeiträgen hereingekommen, wobei diese Summe heuer auf 572 Millionen Euro ansteigen werde. Dies könne man auf die Gehaltsentwicklung und die Beschäftigung zurückführen. So sei die Zahl der Mitglieder in den vergangenen 20 Jahren von drei auf vier Millionen Menschen angestiegen.
Von Lohn bzw. Gehalt der Mitglieder gehen monatlich 0,5 Prozent automatisch an die AK. Dieser Beitrag ist mit rund 16 Euro gedeckelt. Bei mittleren Einkommen mache der Beitrag nur etwa die Hälfte aus, ein Viertel der Mitglieder müsse gar nicht einzahlen. Hierbei handle es sich etwa um Wenigverdiener, Menschen in Karenz oder Arbeitslose. Laut Hruska-Frank führe die Kammer jährlich mehr als 2,1 Millionen Beratungen durch.
Anlagevermögen in Höhe von 290 Millionen Euro
Die AK-Direktorin verteidigte zudem die einzelnen Bilanzposten ihrer Kammer. So umfasse das Anlagevermögen der AK österreichweit 290 Millionen Euro an Sachlagen. Hierbei handle es sich jedoch insbesondere um Gebäude und Liegenschaften, die man für Beratungs- und Bildungstätigkeit benötige. Gesetzlich sei man zudem zu Rückstellungen verpflichtet. Diese Rücklagen (etwa 133 Millionen Euro für Bau und Invest) benötige die Kammer, da es ihr nicht gestattet sei, hierfür Darlehen aufzunehmen.
Wie Hruska-Frank weiter ausführte, seien die rund fünf Millionen Euro Aufwendungen aus Wertpapieren dadurch zustande gekommen, dass der Buchwert der Anlagen im Vorjahr abgewertet wurden. Man habe keine Anleihe vor Ablauf veräußern müssen und real keinen Cent verloren. Auch die Wahlrückstellung in Höhe von 35 Mio. Euro rechtfertigte sie.
"FPÖ schwächt Arbeitnehmerinteressen"
Die SPÖ, die die Nationalrat-Sondersitzung zur Teuerung gemeinsam mit den Freiheitlichen eingebracht hatte, übte in einer Presseaussendung heftige Kritik an der FPÖ und ihrem Obmann Herbert Kickl und verteidigte die Arbeiterkammer. "Warum will man etwas, das gut funktioniert, schwächen? Weil die Arbeiterkammer die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vertritt, während die FPÖ, wenn sie in Verantwortung ist, nur das Gegenteil macht und Arbeitnehmerinteressen schwächt", kritisiert SPÖ-Sozialsprecher Muchitsch. "Jedes Mal, wenn Herbert Kickl für etwas verantwortlich ist, lassen die negativen Folgen für die arbeitenden Menschen nicht lange auf sich warten", so Muchitsch.
© Johannes Zinner, AK Wien Silvia HRUSKA-FRANK |
© Lukas Ilgner, AK Wien Außenansicht von der Arbeiterkammer Wien |